Hi-Hi-Himalaya

So, ich habe also meine erste große Reise hinter mir. Ihr seid vielleicht eine bekloppte Truppe. Oder darf man das nicht sagen, wenn man gerade neue Freunde gewonnen hat? Wenn's doch aber stimmt und ich mir auf die Fahne schreibe, in meinem Bericht nur die Wahrheit zu sagen und nichts und niemanden wegzulassen? Das hat mich der Max gelehrt: auch das Negative anzusprechen, keine Furcht zu haben vor unangenehmen Reaktionen. Und so soll es denn sein.

 

Zum Himalaya, da wollten wir hin. Dort stehen viele Berge

 
Wir sind von Hamburg aus geflogen – nach Kathmandu in Nepal mit Zwischenstopp in Dubai. Schick, ich war in beiden Städten noch nicht. Da wir also mit dem Zug fahren mussten, und zwar nach Norden, ist die Cora von Duisburg nach Hannover gekommen und hat bei uns übernachtet. Ich habe mir sagen lassen, dass man das früher öfter so gemacht hat, und dass ich mir besser Ohrstöpsel bereitlegen soll, weil die Weiber erfahrungsgemäß die halbe Nacht über Nagellack, Mode und Filmschauspieler schnattern würden. Mir fehlte anfangs die Fantasie für eine solche Monstrosität, aber inzwischen bin ich eines Besseren belehrt: Es war noch viel schlimmer!

Wir hatten uns bei dieser Gelegenheit ja zum ersten Mal persönlich kennengelernt. Zwar hatte die Fendy zuvor schon öfter mit der Cora telefoniert (und das ziemlich ausgiebig), aber sich live gegenüberzustehen, das ist ja doch noch mal was anderes. Ich war erstaunt, wie groß die Cora ist, besonders wenn sie neben der Fendy steht. Dabei sieht man einerseits die Ähnlichkeit, andererseits aber auch die Unterschiede. Das Grün des Gefieders ist fast gleich, auch die Form des Krummschnabels und der etwas rundliche Körperbau – aber doch nicht die Länge! Das passt ja nun gar nicht zusammen. Ich musste mir echt das Kichern verkneifen, sonst hätte ich sogar laut losgeprustet. Wisst ihr, an wen mich die beiden erinnerten? Ihr kennt doch diese russischen Holzpuppen, die man aufdrehen kann und wo immer eine noch kleinere zum Vorschein kommt? Genauso sahen die Cora und die Fendy aus, als sie später nebeneinander auf der Couch saßen – wie eine Karikatur ihrer selbst. Ihr könnt euch vielleicht denken, wer die größte Puppe darstellte und wer die kleinste.
 
Ansonsten ist die Cora ganz nett, so nett, wie Weiber eben sind, wenn man mit ihnen keine Voliere teilen muss, sondern nur auf eine Urlaubsreise geht. Sie hat mir Pokemón-Bilder mitgebracht. Darüber habe ich mich sehr gefreut, weil mir noch viele fehlen in meinem Sammelalbum. Weniger erfreulich war allerdings, dass die beiden tatsächlich die halbe Nacht gequatscht haben. Ich kriegte kein Auge zu, weil unser Schlafplatz ja im gleichen Raum steht wie die Couch. Boah, wie kann man nur stundenlang über so dämliches Zeug labern?
 
Eine längere Betrachtung nahm zeitweise die Frage ein, ob die roséfarbenen oder die goldfarbenen Sauerstofflaschen stylischer seien. Die Fendy hatte nämlich in dem berühmten Online-Shop, wo auch Nessie ihre Badehauben herkriegt, für sich und mich die Sauerstoffflaschen bestellen wollen, war aber leider nicht fündig geworden, weil sie die Größe XXXS gerade nicht vorrätig hatten und sich der Nachschub aus China verzögerte. Stattdessen hatte man uns geraten, die Dinger selbst zu machen. Die Grundlage bildeten Parfüm-Nachfüllfläschchen von Touglas für die Handtasche. Eine Bauanleitung haben wir im Internet gefunden. Der Roosevelt und der Otis haben mir dann in zwei Nächten assistiert, die Sprühvorrichtung gegen eine Atemvorrichtung zu tauschen. Mit Schlüppergummi konnte man sich die fertigen Sauerstoffflaschen jetzt um die Brust schnallen. Alles funktionierte prima, das haben wir geprüft. Nur sind die Dinger jetzt eben rosé und golden. Mich stört das ja nicht, aber die beiden Weiber haben allen Ernstes lange diskutiert, ob sich dieses sonderbar metallisch glänzende Rosa nicht etwa mit Fendys grünem Gefieder beißt, und ob es daher nicht besser sei, wenn sie mir diese Flaschen überließe und die goldfarbenen übernähme.

Zwischendurch wurden Sonnenbrillen angeschleppt und begutachtet und im Smartphone Haarspangen durchgehechelt. Eierlikör haben sie sowieso die ganze Zeit genippt. Man kann es so ausdrücken: Die Interessenlagen der Cora und der Fendy sind sehr ähnlich. Der Max hatte so was ja schon prophezeit. Nur als die Fendy um Mitternacht den „Barbier von Sevilla“ anstellen wollte, um für ein wenig niveauvolle Untermalung zu sorgen, hat sich die Cora die Ohren zugehalten und geschrien, zu einem singenden Frisör würde sie niemals gehen, da wäre ja Hiphop erträglicher. Das fand die Fendy gar nicht gut. Mir allerdings hat es ein wohliges Grinsen in die Mimik gezaubert. Die Cora ist mutig – und hat einen guten Musikgeschmack. Vielleicht könnten wir doch noch warm miteinander werden.
 
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück sind wir aufgebrochen. Dass die Weiber Eierlikör intus hatten, merkte man ihnen nicht an. Ich meine, man hatte mich ja vor der Cora als Schluckspecht gewarnt, neu war nur, dass auch die Fendy diesbezüglich wenig reparaturanfällig zu sein scheint. Das konnte ja heiter werden. Von der Putze kriegten wir noch Ermahnungen mit auf den Weg, was solche Elsen eben immer so sagen: „Passt auf euch auf“, „Zieht die Mütze über“, „Esst nicht nur Spaghetti“, „Sagt immer schön bitte und danke“. Okay, für sie was es das erste Mal, dass sie die Fendy und mich ziehen lassen musste, da kann man solche Entgleisungen gern mal verzeihen. Die Smartphones haben wir zu Hause gelassen, um nicht dauernd überprüft zu werden. Das war uns vom Max empfohlen worden, der es ja wissen musste. Und unser Gepäck mit den Sauerstoffflaschen hatten wir schon einen Tag vorher von einer Spedition abholen und zum Flughafen in Hamburg bringen lassen, damit wir das ganze Zeug nicht schleppen mussten.

Dann ging es endlich los mit dem Taxi zum Bahnhof und weiter mit dem Zug nach Hamburg. Für mich war dies meine erste Begegnung mit diesen beiden Fahrzeugtypen (für die lütte Fendy natürlich erst recht). Doch, ja, wenn es so bequem bliebe, könnte man sich glatt an die behagliche Fortbewegung gewöhnen. Gesichtsmasken tragen mussten die Fendy und ich zwar nicht, weil wir beide noch kein Jahr alt sind, aber wir haben es natürlich trotzdem gemacht, um ein Signal zu setzen. Im Nessie-Online-Shop hatte es gerade günstige 10er-Packs in Mittelblau und Hellgelb in unserer Größe gegeben. Da hatte die Fendy zugegriffen. Mit dem gelben Lappen über dem Schnabel sah sie aus, als hätte man ihr ein Stück Scheiblettenkäse ins Gesicht geklatscht. 


 
 
In Hamburg in der Abflughalle trafen wir auf die andern. Den Karlsson habe ich sofort an seinen Locken erkannt. Eigentlich hatte ich gedacht, er wäre größer – seinem klugen Gerede nach zu urteilen. Ich hatte mindestens das Gegenstück eines Bernhardiners erwartet. Dabei ist er ziemlich niedrig. Er glotze mich und die Fendy ungläubig an, als wir auf dem Sitz einer Bankreihe Platz nahmen, um die Kommunikation auf Augenhöhe zu erleichtern. Dabei zuckten seine Nasenlöcher nervös.
„Was ist?“, habe ich gefragt
„Äh … nichts. Ihr seid nur so … klein.“
„Ja und?“
„Nichts. Ich hatte gedacht, 11 Zentimeter wären größer. Den Schwanz muss man noch abziehen, nicht?“
„Dein Problem.“
Musste der gerade sagen, dieser Mogelfritz. Wahrscheinlich ist er in Wirklichkeit noch mal um ein Viertel niedriger unter den Locken. Das sieht man nur nicht, weil das Fell so auftufft.

Die Fendy nickte ihm freundlich zu mit einem beherzten „Ahoi“. Wahrscheinlich dachte sie, in Hamburg seien alle Seeleute. Was wusste die dumme Gans schon mit ihren damals gerade vier Monaten? In dem Alter dürfen andere nicht mal allein auf den Spielplatz. Dabei kommt der Karlsson doch gar nicht aus Hamburg, sondern aus Schleswig-Holstein, so wie alle andern der Anwesenden auch.

Die Polly war an ihrem Rucksack aus umweltfreundlicher Naturjute zu erkennen. Am Reißverschluss baumelte (neben einem goldenen Mercedesstern!) ein Anhänger mit der Aufschrift „Make the world a better place“. Aha, das war also unser Naturkind mit den luxuriösen Abzweigungen. Sie erkundigte sich sogleich bei der Cora, ob sie das vorgeschriebene Fitnesstraining eingehalten habe. Sie nicht, sie sei auch so gut vorbereitet auf die Reise und habe es satt gehabt, dauernd nach Hamburg zu fahren und die vielen Stufen auf den Michel hoch und wieder runter zu laufen, nur um ein Feeling für Höhenluft zu bekommen. Vor der Polly würde ich achtgeben müssen, denn wenn sie einmal zu tief einatmete, könnte sie mich glatt mit einsaugen. Den Eindruck bekam ich jedenfalls, wenn ich ihre drahtige Figur und ihre kräftige Stimme betrachtete. Sie war die Größte von uns allen.

Der Leberwurstfarbene mit den weißen Ringeln, das musste der Pit sein. Kein Zweifel: Er war eine Katze und die Katze hielt einen prall gefüllten Baumwollsack an den Henkeln zusammen. Auf dem Sack stand: „Hmmm … lecker … Blattsalat. Von Ihrer Öko-Gärtnerei Meyer. 6 x in Schleswig-Holstein.“ Bestimmt hatte der Pit den Beutel zu Hause irgendwo im Keller gefunden, denn dass er sich von Grünzeug ernährte, das war mir neu. Davon hatte der Max nichts erzählt. Im Gegenteil, aus dem Beutel standen verdächtige Beulen heraus. Das musste ich genauer erkunden.
„Was hast du da alles drin, Pit?“, habe ich rundheraus gefragt.
„Mettwürste, Jagdwurstdosen, Sardinendosen und Müsliriegel.“
„Das passt da alles rein?“
Ich konnte es kaum glauben.
„Klar doch, ich habe zu Hause geübt. Ich bin jetzt um 40 Prozent besser als am Anfang.“
Dann hat er sich zur Fendy gewandt und sie mit „hübsches Fräulein“ angeredet. Dieser Schleimer. Daraufhin hat die Tussi albern den Blick gesenkt und zufrieden gekichert. Einen Fan hatte er also schon mal erobert – mit ganz billigem Mittel.
„Du bist so stark“, hörte ich die Fendy wenig später den Pit anschmachten.

Eigentlich wäre unsere Reisetruppe damit komplett gewesen, wenn da nicht noch zwei andere Gestalten herumgestanden hätten. Es handelte sich um einen zweiten Kater, diesmal in Business-Grau mit weißen Socken, und um einen niedrigen Hund in Mulitcolor mit kurzen Beinen und Schlappohren. Wollten die auch mit auf die Reise? Nee, halt, jetzt dämmerte es mir. Der Max hatte mich vor genau so einem Hund gewarnt, auf den diese Beschreibung passte. Es konnte sich also nur um den Jack handeln. Auf keinen Fall mitnehmen, der kotzt, hatte der Max gesagt. Gut, und wer war der Kater? So wir er den Kopf hob und alles souverän überblickte, musste es der Firmeninhaber sein, der Luke persönlich, der großzügige Spender unserer Reise. Aha, bestimmt war man gekommen, um uns gebührend zu verabschieden. Ein Stein fiel mir vom Herzen, denn wenn der Luke den Lütten anschließend wieder mitnähme, würde ich ihn nicht von der Gangway schubsen müssen. Sehr schön.

Es dauerte auch nicht lange, da räusperte sich der Luke und bat sich eine Minute Ruhe aus. Er wolle was sagen. Wir bildeten einen Halbkreis und ihn und lauschten artig. Der Jack stand wie ein Generalmanager daneben. Seine Schnauze hielt er noch höher als der Luke seinen Blick. Ich hatte vorher noch nie einen „very important Mitarbeiter“ gesehen und war entsprechend neugierig. Das hat den Jack sichtlich irritiert. Seine Augen schweiften immer wieder in meine Richtung, allerdings ohne den Kopf auch nur einen Millimeter zu bewegen. Seine Disziplin war bemerkenswert, sogar als ich die Flügel an die Ohren hielt, die Zunge rausstreckte und bäh-bäh-bäh machte. Boah, der Kerl könnte ja glatt als Palastwache in London auftreten, so vorbildlich angenagelt, wie er dastand. Das müsste man ihm mal vorschlagen. Bestimmt würde er dann nicht mehr dauernd mit uns mitfliegen wollte. 
„Pst, Boff!“, wurde ich von der Fendy in die Seite gepufft. „Die Majestät will was sagen.“

Und dann hob sie tatsächlich an, die graue Majestät. Von Begrüßung war die Rede, davon, dass der Max uns die Reise generös abgetreten habe, dass man uns viel Freude und schöne Erlebnisse wünsche und dass man hoffe, uns in gut 14 Tage gesund und reich an wertvollen Erfahrungen wieder begrüßen zu können. Alles säuselte derart süffig dahin, dass ich fast den Knaller überhört hätte:

„Tja“, hat der Luke gesagt. „Ursprünglich wollte ich euch ja das Erlebnis einer exklusiven Mount-Everest-Besteigung gönnen. Doch weil niemand seine Fitnessübungen gemacht hat – Doch! Doch! Das habe ich überprüft! –, kann ich es nicht verantworten, euch in Gefahr und Siechtum zu bringen. Daher werdet ihr eine Trekkingtour machen. 11 Tage Wanderung am Stück, 6 – 8 Stunden täglich. Ihr werdet auf den Spuren von Sir Edmund Hillary und Tenzing Norgay wandeln und euch den Mount Everest von unten anschauen. Glaubt mir, im Base Camp auf 5545 Metern gibt’s noch genug zu bewundern. Macht das Beste daraus. Tschüs.“

Wir konnten gar nicht so schnell reagieren, wie sich der Luke aus dem Staub gemacht hat. Von seiner Palastwache wurden wir einmal schnippisch gemustert. Dann hat sich der Jack ebenfalls umgedreht und ist seinem Herrn nachstolziert. Nicht mal bis zum Nachwinken hat man also warten können, so eine Unhöflichkeit.

„Wie … Trekking?“, hat sich die Cora als Erste gefangen.
„Das heißt, wir haben jetzt einen Wanderurlaub in Nepal an den Hacken“, hat der Karlsson übersetzt. „Latschi-latschi bis zum Umfallen.“
„Mir ist das recht“, fand die Polly. „Ich bewege mich gern an der frischen Luft.“
„Ja, aber wandern können wir auch zu Hause. Ich dachte, wir besteigen den Mount Everest. Das wäre ja mal wirklich was Großes gewesen.“
„Stimmt. So 'n Mist.“
„Pit, was sagst du dazu?“
"Ich nehm, was kommt. Ich bin flexibel.“
 
So sieht Wandern im Himalaya aus

 

Ganz genau. Das war auch meine Meinung. Wir hatten allen Grund uns aufzuregen. Was ist das für eine Art, uns auszuspionieren, ob wir artig unsere Sportübungen gemacht haben? Und uns dann in der allerletzten Minute zu erzählen, dass wir den Trostpreis gezogen haben, wo wir uns doch so auf den Mount Everest gefreut hatten.  Nee, nee, der Max hatte mich gewarnt vor dem Luke. „Pass bloß auf“, hat er gesagt. „Trau dem nicht über den Weg. Irgendwas führt der im Schilde. An den Mount Everest glaube ich erst, wenn jemand oben steht.“ Wie recht er hatte. Wandern! Als ob es das besser machte, nur weil es sich Trekking nennt.
 
Als wir zum Bordschalter gingen, hörte ich die Fendy der Polly zuraunen, wer denn diese Hilary sei, von der der Luke gesprochen hatte.
„Hilary? Ach so, du meinst Sir Edmund Hillary. Das war der Bergsteiger, der mit seinem Gefährten Norgay als Erster den Mount Everest bestiegen hat, jedenfalls der erste, von dem man das gesichert weiß.“
„Ach. Und der ist dort langgelaufen, wo wir jetzt spazieren gehen werden?“
„Scheint so.“
„Verrückt. Ist das lange her?“
„Fast 70 Jahre.“
„Ui … so lange.“
Die Fendy riss die Augen auf. Schlimm, wenn man so ungebildet ist.

Gleich darauf hat sie sich umgedreht, hat sich einmal gaaaanz lang gemacht, den Schnabel aufgerissen und so laut es ging dem Karlsson zugerufen, ob er denn nicht mitkäme ins Flugzeug. Der saß nämlich noch immer mit seinem Rucksack an den Sitzbänken im Wartebereich, ohne Anstalten zu machen, uns zu folgen. Wie? Hatte er es sich anders überlegt? Wollte er nicht mehr mit uns verreisen? Handelte es sich gar um einen Akt des Protestes? Vielleicht um seiner Enttäuschung über Lukes Hinterlist Ausdruck zu verleihen? Oder was sollte das darstellen? Solche Gedanken schwirrte mir durch den Kopf, schließlich kannte ich den Karlsson ja noch nicht richtig, um eine akkurate Analyse zu machen.

Nun merkten auch die andern, dass einer fehlte. Alles blieb stehen. Wir schauten ratlos zurück, während die übrigen Passagiere an uns vorbeiströmten.
„Karlsson! Lass den Quatsch! Aufschließen! So-fort!“
Das war der Pit gewesen, der hier geschrien hatte. Und tatsächlich setzte sich der Lockenheini in Bewegung, bis er sich an uns herangeschlurft hatte.
„Können wir nun weitermachen im Programm?“, hat die Cora gefragt und die Augen zum Himmel geschickt.
Gern hätte ich mich beim Karlsson erkundigt, was ihn sowohl zu dem einen als auch zu dem andern veranlasst hatte, aber weil er so finster vor sich hinstarrte, dachte ich, lass ich es lieber bleiben. Die Fendy warf dem Pit nun süße Blicke zu. Er musste sie enorm beeindruckt haben. Sie steht offenbar auf Männer mit autoritärer Ansprache.
 
Im Flugzeug saßen wir in der Mittelreihe. Das hatten wir vor allem der Polly zu verdanken, weil sie so viel Platz einnahm. Dazu noch der Kater und der Lockenhund, das hätte nicht auf einen Zweiersitz am Fenster gepasst. Schade, ich hätte gern rausgeschaut. Es war doch mein erster Flug.
„Sei froh“, hat die Cora gemeint. „Manchmal öffnen sie unverhofft die Fenster einen Spalt. Das zieht dich glatt raus.“
Ui! Echt? Das wusste ich nicht. Gut, dass ich gewarnt war.
„Is was?“, habe ich den Karlsson gefragt, weil er plötzlich gackernd auflachte.
„Nö, nix.“
„Na, dann ist's ja gut.“
Ich hatte nämlich keine Lust, mich vom Lockenheini anstänkern zu lassen. Er ging mir jetzt schon gehörig auf die Nerven. Von einem Weltreisenden und seriösen Vertreter der Herrenfreizeitkultur hatte ich eine positivere Aura erwartet.
 
Wie lange wir bis Dubai geflogen sind, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass es etwas zu essen gab (Reissalat und Kirschmuffins) und danach Kino. Wow! Luis de Funès in Großformat, ganz gemütlich im Sitzen, während man sich in der Luft fortbewegte, sich aber kein bisschen dafür anstrengen musste – großartig. Nur dass ich keinen Kopfhörer in meiner Größe fand, das war blöd. Der Bügel mit den Schaummuscheln ließ sich gar nicht so stark zusammendrücken, als dass er meinen Kopf umschlossen hätte. Viel zu viel Platz blieb übrig. Hören konnte ich deshalb nichts, es sei denn, ich hätte volle Pulle aufgedreht, doch das war wiederum der Polly, der Cora und der Fendy nicht recht, weil ich sie beim Dösen störe, haben sie gemeckert. Wir haben es schließlich so gemacht, dass der Pit seinen Kopf mit in den Bügel gesteckt hat, sein Ohr links, meins rechts. So war der Platz ausgefüllt. Die Muschel reichte mir bis über die Hüfte. Wenn Luis de Funès besonders laut „Oh!“ oder „Ah!“ sagte, kribbelte es mir am ganzen Körper wie bei einer Strommassage.
„Ist eben doof, wenn man popelig ist.“
WER WAR DAS? So eine Gemeinheit: mit verstellter Stimme gesprochen. Ich hätte nicht übel Lust gehabt, der Minipli ein Gummiband ans Eisbein zu flutschen.
 
Da in Dubai ein paar Leute ausgestiegen waren, wurde es doch noch möglich, einen Blick aus dem Fenster zu erhaschen, nachdem die Maschine wieder abgehoben hatte. Wir Vögel schnallten uns ab und huschten rechts auf die Sitzlehnen. Puh, keine Stewardess hatte es bemerkt. Ein Flughafen war zu sehen, Strand, blaues Wasser, eine Stadt mit einem sehr hohem Wolkenkratzer und … greller Sonnenschein. Da wir im grauen November Hamburg verlassen hatten, war Bewunderung angemessen. Wir starrten nach unten, bis es nichts mehr zu sehen gab. 
 
Dubai

 
„Och, langweilig“, fand jetzt die Fendy.
Wir setzten uns wieder hin. Der Pit war mit dem Zählen von Marmeladenpöttchen beschäftigt, die er neben sich ausgebreitet hatte. Nanu? Woher hatte er die bekommen? Er wird doch wohl nicht herumgegangen sein und die Dinger heimlich von den Tabletts gefischt haben? Oder doch? Gesehen hatte ich jedenfalls nichts, aber der Max hat gesagt, dass der Pit der größte Essensraffer in Gottes Universum sei. Man selbst kriege nichts mit, so schnell und lautlos passiere das. Ich fand es ganz praktisch, denn so würden wir nicht verhungern. Jetzt konnten wir die Sardinen notfalls in Marmelade tunken.

Die Polly las in einem Taschenbuch. „Nicht Fleisch, nicht Fisch“ lautete der Titel.
„Ist das eine Anleitung für Vegetarier?“, habe ich gefragt, aber nur ein Ziepschen durch die Zähne zur Antwort erhalten.
Der Karlsson wollte ebenfalls nicht reden, mit niemandem. Bei ihm lagen aber offenbar andere Gründe vor, schwerwiegendere als die Ablenkung durch eine Lektüre. Na schön, hielt er eben die Klappe. War mir doch egal. So konnte er mich wenigstens nicht mit seinem ewigen „Piepsi“ nerven. So angeredet zu werden, ist im höchsten Maße ärgerlich.
 
Beim nächsten Halt mussten auch wir aussteigen. Wir landeten in Kathmandu. Das ist die Hauptstadt von Nepal. Hier würden wir eine Nacht bleiben und uns auf den Weiterflug vorbereiten. Ich war total aufgeregt, weil es meine erste Landung mit Ausstieg in einem fremden Land war, und dann sogar noch im Ausland. Von oben sieht Kathmandu aus wie ein Moloch aus Häusern. Die Stadt selbst hat ca. eine Million Einwohner, aber weil sich in dem weitläufigen Talkessel gleich drei Städte befinden (wovon Kathmandu die größte ist), zieht sich die Besiedlung auf etwa 30 km in die Breite. Das ist so ähnlich wie im Ruhrgebiet, wo man auch nicht mehr so genau weiß, wo Herne aufhört und Gelsenkirchen anfängt. Alles vermischt sich zu einem weitflächigen Häuserteppich. Der Talkessel von Kathmandu wird von hohen Bergen begrenzt, die 2000 bis 2700 Meter hoch sind. Bis zu deren Füßen hat sich die Besiedlung schon ausgedehnt. Allerdings liegt Kathmandu selbst schon auf 1300 Metern Höhe. Meeresboden ist das auch nicht gerade.
 
Kathmandu
 
 
Später hat die Polly erzählt, dass kurioserweise aus diesem Talkessel nur ein Pass herausführt. Ja, richtig gelesen, nur eine einzige Straße. Andere Straßen ins Umland gibt es zwar, aber die sind entweder gar nicht befahrbar oder nicht für alle Fahrzeuge. Absicht ist das keineswegs, sondern das Ergebnis einer unzureichenden Infrastruktur, so wie überhaupt vieles in Kathmandu nicht so gut funktioniert oder noch gar nicht behoben wurde. Der heftige Monsunregen in dieser Gegend führt außerdem zu Erdrutschen und bewirkt, dass die Stadt zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten ist. Als ich das hörte, war ich total froh, dass wir mit dem Flugzeug gekommen waren. Auch dass die Polly so gut informiert war, hat mich beeindruckt.
„Tja, ich bilde mich eben eben weiter, während andere französische Filme gucken“, hat sie gesagt, etwas süffisant.
Die Touristenbroschüren aus den Ständern in der Flughafenhalle hatte sie alle durchgegrabbelt und größtenteils eingesteckt.
  
Unser Hotel lag nicht weit vom Flughafen entfernt. Ein Taxi brachte uns hin. Unser Gepäck wurde später nachgeliefert, auch die Taschen mit den Sauerstoffflaschen. Die würden wir nicht mehr brauchen, aber egal, jetzt waren sie nun mal da, und solange wir sie nicht schleppen mussten, störten sie ja nicht. Man merkte gleich an der Art und Weise, wie sich die Cora, die Polly und der Pit ins Taxi schwangen, dass sie darin geübt waren. Von ihnen ging eine gewisse Lässigkeit aus. Ganz anders die Fendy. Sie hätte fast das Zusteigen verpasst, so beschäftigt war sie, in der Gegend herumzugucken. Die Augen gingen nach oben, dann nach linkes, nach rechts und wieder zurück gen Himmel. Darin ähnelte sie übrigens dem Karlsson. Zwar machte der nicht den Eindruck, als befände er sich auf ungewohntem Terrain, aber seine Stimmung und damit seine Körperhaltung hatten sich um 180 Grad gewandelt, kaum waren wir aus der Flughafenhalle getreten. Jetzt holte er tief Luft und sog sie rhythmisch ein, obwohl es, ehrlich gesagt, nicht gerade roch wie in einem Rosenbeet. Eigentlich stank es ziemlich nach Abgasen. Deshalb war auch der Himmel diesig. Die Sonne kam gar nicht richtig durch. Den Karlsson schien es aber nicht zu stören. Mit geschlossenen Augen und angespannten Muskeln stand er neben uns, machte dann „Aaaaah“, öffnete die Augen, blickte gemächlich umher, schüttelte einmal seine Frisur durch und hüpfte schließlich gut gelaunt auf den Rücksitz im Taxi mit den Worten:
„Auf geht’s, Freunde. Das Abenteuer ruft.“

Im Hotelzimmer haben wir nur unser Handgepäck (sofern vorhanden) abgestellt und sind gleich wieder losgezogen. Wir wollten ja noch was sehen, bevor es dunkel wurde und wir am nächsten Morgen weiter nach Lukla fliegen wollten. An der Rezeption hatte man uns dringend die einheimische Stadtführerin ans Herz gelegt, die der Luke vorsorglich bestellt hatte und die schon wartete. Doch der Pit meinte (zwischen zwei Bissen vom Müsliriegel), dass wir schon selbst auf uns aufpassen könnten. Die Cora nickte dazu. Sie hielt die Fendy am Flügel, die vor Aufregung zitterte und immer wieder Mühe hatte, das Aufkieksen einer Arie zu unterdrücken. Ich kenne das von zu Hause. Dort beginnt sie auch gern zu singen, wenn etwas sie emotional mitnimmt. Die Polly machte schließlich den Vorschlag, dass wir beide, die Fendy und ich, zur Sicherheit auf ihrem Rücken Platz nehmen sollten, damit wir nicht unter die Räder kämen. Wir sollten uns nur gut an ihrem Halsband festhalten. Es gab keinen Grund, dieses Angebot abzulehnen.
„Wehe, du trällerst jetzt“, habe ich die Fendy gewarnt.
Unser Stadtrundgang konnte beginnen. Wir orientierten uns am Touristenflyer, den die Polly unterwegs immer wieder konsultierte.
 
Man merkte schnell, dass in Kathmandu viele Menschen leben. Es war laut, voll, eng mit ziemlich schlechter Luft. In der Altstadt konnte man noch etliche historische Gebäude sehen, allerdings viele schon reichlich mitgenommen an der Bausubstanz.
„Eine Luft wie in Kairo“, meinte der Karlsson.
„Willkommen in der Realität“, hörte ich die Cora vor sich hinmurmeln. 
 
In der Altstadt von Kathmandu


In anderen Ecken sah es trotz der leidvollen Enge viel freundlicher aus. Was da alles an den Fassaden hing, war erstaunlich. Vom Ofenrohr bis zum Abendkleid wurde alles feilgeboten.
„Bleibt beisammen!“, hat die Polly immer wieder gemahnt.
Sie drehte sich dauernd um, ob noch alle da seien, weil man ständig Schlangen laufen musste, um nicht getreten zu werden oder gegen jemanden zu stoßen. Für Hunde und Katzen war das ziemlich anstrengend. Sogar die Cora hatte sich jetzt zu uns auf Pollys Rücken gesellt.
„Puh, da wird man ja glatt umgelatscht“, hat sie gestöhnt.
So hockten wir nun zu dritt um Pollys Halsband wie auf dem Rummelplatz um das Mittelrad in der drehenden Tasse. Aufpassen mussten wir, dass wir nicht von der wippenden Kamera erschlagen wurden. Die Cora hatte sie mitgeschleppt, weil sie viele Fotos machen musste.
 
Auch in der Altstadt von Kathmandu

 

Wir waren echt froh, als wir das Altstadtgetümmel hinter uns lassen konnten. Jenseits der Einkaufsstraßen ging es ruhiger zu. Nun standen sakrale Gebäude auf dem Plan. Die Häuser mit den gefächerten Dächern, das sind buddhistische Tempel, hat uns die Polly vorgelesen.
 
 
Guckt mal, in Nepal leben auch Tauben

 

Es gibt aber auch buddhistische Tempel, die ganz anders aussahen, eher rund, so wie hier zu sehen. Es handelte sich um einen sogenannten Stupa. Er symbolisiert Buddha und seine Lehre.

 

Das ist ein Stupa in Kathmandu



Drinnen waren wir allerdings nicht, weil wir nicht rein durften. Bestimmt lag es am Pit, da er sich mampfend an den Eingang gestellt hatte. So was macht keinen guten Eindruck. In sakraler Umgebung hat man sich zu benehmen, das wusste ja sogar schon die kleine Fendy. Was kaute der da im Übrigen schon wieder?
„Getrocknete Feigen“, hat er geantwortet.
Oh, Mann, der Max hatte recht. Mir wurde der Pit langsam unheimlich. Es war nur zu hoffen, dass er wenigstens dafür bezahlt hatte.

Auch fiel mir angesichts der imposanten Tempel ein, dass der Pit noch auf ganz anderem Gebiet Beobachtung benötigte. War er nicht popelkrank? Wäre es nicht meine Aufgabe, ausländische Bauwerke vor dem Einstürzen zu bewahren, jetzt wo der Max nicht mehr da war für diese Überwachung? Ehrlich gesagt, fühlte ich mich ein wenig überfordert. Alles war doch noch neu für mich. Wie sollte ich da den Kerl im Auge behalten und wissen, wann ich einschreiten müsste, wo ich doch gleichzeitig damit beschäftigt war, mich an der Polly festzuhalten, um nicht runterzurutschen?
„Was guckst du so nachdenklich … Piepsi?“, hat mich der Karlsson gefragt und beschwingt die Zunge baumeln lassen. 
 
Ja, Mensch, das war doch die Lösung! Vom Max wusste ich, dass der Karlsson neuerdings private Kontakte zu Miraculix unterhielt. Ihr wisst schon, das ist der berühmte Arzt und Forscher aus der Bretagne, der mit dem weißen Bart und dem weißen Kittel. Keine Ahnung, wie die beiden zusammengekommen sind. Jedenfalls von ihm hatte er – nach Max' langem Drängeln – einen Trank erhalten, der Pits Problem auf einen Schlag beheben könnte. Jetzt müsste ich nur noch den Karlsson darum bitten und dem Pit das Zeug dann heimlich irgendwo reinschütten, denn freiwillig würde er es bestimmt nicht nehmen. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Heute Abend im Hotelzimmer würde ich den Lockenheini darauf ansprechen.
„Es geht mir gut, danke der Nachfrage ... Meister Pudel“, habe ich dem Karlsson geantwortet mit einem fröhlichen Pfeifen. Ha! Was der konnte, konnte ich schon lange. 
 
Zum Abendessen waren wir zurück im Hotel. Im Speisesaal kriegten wir eine Art Nudelpfanne serviert. Sie war ziemlich scharf gewürzt und angeblich ein traditionelles nepalesisches Gericht. So jedenfalls hatte es die Polly der Touristenbroschüre entnommen. Dass scharfe Gewürze drin waren, kann ich bestätigen. In der Nacht hätte ich nämlich die halbe Minibar aussaufen können. Leitungswasser trinkt man ja nicht im Ausland.
„Ja, an fremde Küchen muss man sich erst gewöhnen“, hat der Pit getröstet.
Er selbst hatte offenbar nichts zu beanstanden, obwohl es sich um ein vegetarisches Gericht handelte (wie überhaupt die traditionelle nepalesische Küche vegetarisch daherkam), wahrscheinlich weil er wusste, dass im Gepäck ja noch die Mettwürste warteten. Dem Karlsson fehlte dieser Gleichmut.
„Boah, schon wieder nur Gemüse“, hat er genörgelt.

Vegetarisch kann ungemein lecker sein


Zu seinem Wohlbefinden gehört unbedingt Fleisch. Das hatte mir schon der Max gesagt: immer zusehen, dass totes Tier auf den Teller kommt, dann bleibt er geschmeidig. Daher hat er sich später auf dem Hotelzimmer mit dem Pit zusammen eine Dose Ölsardinen aufgemacht und ein paar Scheiben Mettwurst abgeschnitten. Die Polly hat abgelehnt, obwohl sie ja auch ein Hund ist. Aber ich glaube, sie ist zu intellektuell, als sich so einem primitiven Trieb hinzugeben. Sie hat nur leicht den Kopf geschüttelt, als das Sardinenöl auf das Bettlaken tropfte. Wir Vögel hatten natürlich nichts gegen vegetarische Kost einzuwenden und waren entsprechen gesättigt.

Eigentlich war ich todmüde. Es ist ein langer Tag gewesen, aber ich habe dann doch noch mit der Cora im Bildband geblättert, der auf dem Schreibtisch lag. So haben wir erfahren, dass es nicht überall in Kathmandu nur alte, zugebaute Straßen gibt. Es gibt auch Gärten und Häuser in luftigem Abstand.

Auch das ist Kathmandu

 

An mehr kann ich mich allerdings nicht erinnern, weil ich eingeschlafen sein muss. Als ich aufwachte, weil mir die Kehle brannte, war es dunkel. Ich lag platt mit dem Bauch auf dem aufgeschlagenen Bildband. Irgendjemand, wahrscheinlich die Cora, hatte mich mit einer Serviette zugedeckt. Im Halbdunkel konnte ich den Pit, den Karlsson und die Polly auf dem Doppelbett liegen sehen. Die Cora hockte mit dem Kopf nach hinten gedreht auf der Stuhllehne. Die Fendy konnte ich nirgends entdecken. Für ihre Silhouette reichte die Helligkeit nicht aus, nicht mal, als ich die Minibar geöffnet hielt. Trotzdem konnte sie am nächsten Morgen wiedergefunden werden. Sie hatte neben der Cora auf der Stuhllehne gesessen. Mich ärgerte, dass ich meinen Einsatz beim Karlsson verpasst hatte. Jetzt würde ich auf eine andere Gelegenheit warten müssen, um ihn nach dem Anti-Popel-Trank zu fragen.

Zum Frühstück gab es die englische Version, also Toast, Marmelade, Bohnen und … kleine aromatische Bratwürstchen. Gott sei Dank, so war der Tag wenigstens hinsichtlich des Lockenheinis gerettet. Regelrecht aufgeräumt zog er sich die Dinger geräuschvoll zwischen die Kiemen. Man hörte es richtig flutschen.
„Na, alles bereit?“, hat er sich in die Runde erkundigt und munter dabei gelacht. „Genießt noch mal im Geiste das bequeme Bett, ab heute wird marschiert.“
Die Cora fand das nicht lustig.
„Ja, ja“, hat sie gemeckert.
Ihr als großer dicker Vogel erschien die Fortbewegung zu Fuß als weniger attraktiv.
„Du kannst ja zwischendurch fliegen“, hat der Pit vorgeschlagen.
„Wie denn, wenn ihr so langsam seid? Da stürz ich doch ab.“
Sie guckte gestresst.
Für die Fendy war die Aussicht, in den Bergen womöglich keine Shopping Mall zu finden, das größte Problem.
„Hier in Kathmandu bin ich ja gar nicht zum Einkaufen gekommen“, fand sie mitteilenswert.
Da hörte ihr aber schon keiner mehr zu.

Ein Taxi brachte uns zurück zum Flughafen. Wir bestiegen eine etwas größere Sportmaschine. Andere Passagiere mit Wanderausrüstung waren auch darunter. Der Flug führte uns nach Lukla, dem höchstgelegenen Flughafen in Nepal. Von dort aus starten viele Expeditionen. Das hatte der Max damals im Vorbereitungsseminar gelernt. Uns war nur noch nicht klar, wo genau es langgehen sollte. Aber im Grunde war es egal, denn die Namen der Täler, Berge und Landstriche, die wir abwandern müssten, würde ich mir sowieso nicht merken können. Ich wunderte mich nur, wie grün es unterwegs ausschaute. Vom Flugzeug aus waren die herrlichsten Landschaften zu sehen. Mit Schnee und Eis hatte das wahrlich nichts zu tun.

Hier ist Nepal noch grün und fruchtbar

 

Als wir ausgestiegen waren, trat gleich ein Manager an uns heran. Er hieß uns willkommen und führte uns abseits auf eine Art Schotterparkplatz. Dort wartete ein Einheimischer mit zwei Packeseln. Einer war bereits beladen (und wurde sogleich mit unseren Rucksäcken, den Taschen mit den Sauerstoffflaschen und natürlich mit Pits Proviantbeutel bestückt), der andere war noch leer. Wir erfuhren, dass der Mann Jinpa hieß, ein Sherpa war, und dass er uns fortan auf der Reise begleiten werde. Wir dürften gern auf dem zweiten Esel Platz nehmen, auch die Hunde und der Kater, es reiche für alle. 
 
 
Der hat unser Gepäck getragen

 

Hui, das waren jetzt überraschende Neuigkeiten. Da hatte der Luke ja mal mitgedacht. Vielleicht war er doch nicht so hinterhältig, wie ich annahm. Vom Esel getragen zu werden, das eröffnete ja ganz andere Aussichten für die Trekkingtour. Meine Vorfreude steigerte sich augenblicklich um ein Vielfaches. Auch die Augen der Cora leuchteten jetzt zufrieden – und erst recht die vom Karlsson, schließlich musste er jetzt nicht mehr, wie befürchtet, als Trage herhalten. Wir Vögel machten es uns gemütlich auf dem Esel. Man musste eine bequeme Position finden, um beim Geschaukele nicht abzustürzen. Da der Esel aber genug Schmuck und Gurte trug, blieben ausreichend Möglichkeiten zum Festhalten.
 
Um es vorwegzunehmen, die Polly hat nie, nicht ein einziges Mal das Transportangebot angenommen. Sie ist die ganze Zeit stur zu Fuß gelaufen, bis oben hin zum Base Camp. Ihrem Ruf als Naturkind war das allemal würdig. Ich habe sie sehr dafür bewundert. Was den Pit und den Karlsson betrifft … nun, darüber schweige ich lieber. Ihnen wäre es sicher nicht recht, wenn ich hier zu ausführlich darüber berichtete. Als sportliche Vierbeiner, die selbstverständlich zuvor ihr monatelanges Vorbereitungstraining erledigt hatten, waren sie ja geradezu erhaben über jegliche Zweifel. Außerdem hielt der Karlsson ja noch seinen eigenen Fitnesstrank von Miraculix in petto, für alle Fälle. Das wusste ich ebenfalls vom Max. Und der Pit stärkte sich sowieso dauernd nebenbei an seinem eigenen Proviant. Mit andern Worten: Über die Transportfrage gab es fortan nichts mehr zu meckern. Wir konnten uns ungestört auf den Genuss der Landschaft konzentrieren.
 
Am Anfang fing man flach an

 
 
Hier begann also unsere eigentliche Wandertour. Wie gesagt waren wir 6 – 8 Stunden täglich in Bewegung. Wir waren allein unterwegs, nicht in einer größeren Gruppe, so wie ich gedacht hatte. Man konnte dies wohl als Geschenk vom Luke betrachten, denn wir brauchten uns auf niemanden sonst einzustellen, hatten nur auf uns und die Esel Rücksicht zu nehmen. Nachmittags sind wir für die Nacht in sogenannten Teehäusern eingekehrt. So heißen die Touristenunterkünfte. Oft sind sie erstaunlich modern ausgestattet, einfach, aber mit bequemen Zimmern und einer guten Küche. Dort trafen wir dann auch auf andere Trekkinggruppen, aber alle setzten sich am nächsten Morgen nach dem Schlafen zu andern Zeiten oder in andere Abschnitte ab. Da sich die Einheimischen mit den Teehäusern ein zusätzliches Einkommen sichern neben dem kärglichen Leben als Reisbauern und Selbstversorger, und natürlich damit die Touristen sich wohlfühlten, hatte man bei der Zubereitung der Speisen inzwischen europäische und amerikanische Einflüsse eingebaut. So bekamen wir Pommes zum Abendbrot, auch mal einen Hamburger (sehr zur Freude vom Karlsson und Pit) oder eine Art Gemüseeintopf, allerdings auch viel Reis mit Salat aus Tomaten und Zwiebeln oder anderem gekochten Gemüse. Kein Wunder, denn auf diesen grünen Terrassen, die man überall an den Hängen zu sehen bekam, wurde Reis angebaut. 
 
 
Dem Karlsson fehlte das Fleisch


Reis wächst auch an Hängen
 
 
Das Wetter war prima, kein Vergleich zum Dunst in Kathmandu. Immer hatten wir tagsüber um die 20 Grad und meistens klare Sicht. Von Regen keine Spur. Natürlich wurde es immer frischer, je höher wir stiegen. Überhaupt lag der Reiz wie auch die Herausforderung darin, täglich an Höhe zu gewinnen. Es ging also stetig bergauf. Beruhigend, dass unsere Esel dies gewohnt waren. So starteten wir in tropischen Bambus- und Rhododendronwäldern und schraubten uns allmählich nach oben. Ab und zu durften die Fendy und ich uns unterwegs die Flügel vertreten. Der Karlsson hatte uns zwar verboten, außer Sichtweite zu fliegen, weil er keine Lust habe, uns mickriges Volk im Gestrüpp zu suchen, so wie er großkotzig behauptete, doch wenn die Cora mitkam auf den Ausflug, gab der Meister Ruhe. Wir sind dann ein bisschen in die Wälder am Wegesrand geflogen und haben uns auf einen Ast gesetzt. Andere Vögel waren zwar zu hören, aber kaum zu sehen. Man wollte offenbar nichts mit uns zu tun haben. Wir allerdings auch nicht mit ihnen. Man sollte sich nicht den Einheimischen aufdrängen, wenn sie nicht den Kontakt von sich aus wünschen. 
 
Die Polly machte einen glücklichen Eindruck mit dem Angebot an Naturerlebnis. Oft lief sie vorneweg und wartete dann irgendwo ungeduldig, bis wir nachgekommen waren. Manchmal gestaltete sich der Anstieg ziemlich eng. Dann führte nur ein schmaler Trampelpfand den Abhang entlang. Den Pit als Kater störte das nicht die Bohne, weil er gut jonglieren konnte und im Übrigen schwindelfrei ist. Beim Karlsson dagegen war ich mir nicht so sicher. Zwar hatte der Max gesagt, dass der Karlsson nur auf hohen Gebäuden in Ohnmacht fällt, nicht aber in natürlich gewachsener Umgebung, trotzdem hatte ich den Eindruck, dass er sich beim Gehen selbst Mut zusprach. Jedenfalls klappte seine Schnauze auf und zu. Dabei schaute er nie nach unten und gewankt ist er, glaube ich, auch nur ganz wenig. Ich fand seine Beherrschung fabelhaft.
„Prima machst du das, Pudelfreund“, habe ich ihm anerkennend vom Eselsrücken aus zugerufen.
„Halt die Klappe!“, hat er geknurrt und ist nach vorne gegangen, um mich nicht mehr sehen zu müssen.

In der ersten Nacht in unserem ersten Teehaus ist es leider zu einem peinlichen Zwischenfall gekommen. Davon muss ich euch erzählen, schließlich bin ich der Wahrheit verpflichtet. Die Fendy hat nämlich allen Ernstes nach dem Abendessen, als alles seine Ruhe haben wollte, ihre Noten aus dem Rucksack geholt und eine Arie angestimmt. Erst ging es noch um „Mi-mi-mi“ und „Bobbe-de, bobbe-de, bobbe-de, bobb“, doch dann hat sie den Schnabel aufgerissen und was Opernartiges gekreischt. Ihr habt ja keine Ahnung, welche Lautstärke sie dabei entwickelte. Alles zuckte zusammen. Durchs Fenster konnte ich sehen, wie sich draußen im Dunkeln auf der Holzterrasse unter den Lampions die übrigen Touristen erschreckt umdrehten.
„Sofort gibst du Ruhe!“, habe ich der Fendy befohlen.
Augenblicklich verstummte sie, allerdings war sie seitdem nachhaltig beleidigt. Ihr bereite gute, klassische Musik nun mal Wohlbefinden, hat sie geplärrt, außerdem müsse sie üben, wenn sie eine berühmte Sängerin werden wolle.
„Aber nicht im Himalaya!“, habe ich klargestellt.
Wenig später sind auf wundersame Weise die Notenblätter verschwunden. Sie waren partout nicht wiederzufinden, so sehr die Fendy auch suchte und die Cora ihr dabei half. Selbst schuld, warum ließ sie ihren Rucksack unbeaufsichtigt? Man wusste schließlich, dass andere Wanderer noch ganz anders getan hätten, nur um diese Dinger an sich zu bringen.

In einem Bergdorf


Solange wir noch im tropischen Gürtel wanderten, kamen wir an etlichen Dörfern vorbei. Durch manche mussten wir hindurch, um zum Teehaus zu kommen. Alles machte einen ärmlichen Eindruck, doch die Menschen hatten freundliche Gesichter. Motorisiert war hier oben niemand. Es fehlten ja auch jegliche Straßen. Wenn man etwas transportieren musste, nahm man Esel oder buckelte sich die Pakete selbst auf den Rücken. Als Brücken fungierten geflochtene Hängekonstruktionen. Darauf schaukelte es ganz schön. Ich hatte es mit dem Pit einmal ausprobiert. Wir sind zusammen einmal drübergelaufen und wieder zurück (ich auf dem Geländer). Man brauchte gute Nerven – für uns beide kein Problem, trotzdem beruhigend, dass unsere Reise ausschließlich über festen Grund führte, denn wir hatten so manchen Schisser an Bord.

Nicht jedermanns Sache


Übrigens hatte ich es mir nach Kathmandu anders überlegt und war den Karlsson doch nicht um den Anti-Popel-Trank angegangen. Ich war nämlich der Meinung gewesen, dass wir hier in der urwüchsigen Natur nicht mehr auf so wertvolle Gebäude stoßen würden, die Pits Krankheit triggern könnten. Weit gefehlt! Hier an den grünen Hängen und sogar weiter oben in karger Einsamkeit gab es kleine buddhistische Klöster, natürlich mit entsprechender Architektur. Damit hatte ich nicht gerechnet. Wir kamen sehr nah heran. Ich fühlte meine Verantwortung zurückkehren. Deshalb habe ich in einem unbeobachteten Moment den Lockensepp beiseite genommen.
„Du, Karlsson?“
„Ja?“
Jetzt nur keinen Fehler machen, sich diplomatisch herantasten, damit er nicht zumachte.
„Kannst du mir die Flasche mit dem Trank für den Pit geben?“
„Ja.“
„Gut. Wo?“
„In meinem schwarzen Rucksack. Die hellblaue Flasche. Von mir hast du sie nicht. Alles Weitere ist deine Angelegenheit.“
„Okay. Danke.“
Puh, das war ja auf Messers Schneide gewesen. Fast hätte der Kerl nein gesagt. Ha! Aber ich war zu Höchstform aufgelaufen, so wie ich ihn manipuliert hatte.

Am Abend, während die andern noch im Teehaus beim Abendbrot saßen, habe ich mich schnell mal vom Acker gemacht. In Karlssons Rucksack unterm Bett fand sich tatsächlich die beschriebene hellgraue Flasche. Sogar eine andere lag dort zwischen Hundeleine, Lockenshampoo und ausgekippten Hustenbonbons. Ja, klar, ich wusste doch von seinem privaten Stärketrank. Aber was war das? Noch eine dritte Flasche? Hey, das war ja schon fast eine Bordapotheke. Wozu die wohl gut sein sollte? Darauf geschrieben stand nichts, kein Etikett. Andererseits: Was ging es mich an?

Ich schnallte den Rucksack wieder zu und überlegte, mit was ich dem Pit die Tropfen verabreichen könnte. Vielleicht eine Mettwurst damit tränken? Ach nee, zu unsicher. Wer weiß, wann er davon abbeißen würde. Ich hab's! In meinem eigenen Rucksack befand sich ja noch die Praline aus dem Hotelzimmer in Kathmandu. Ich hatte sie eingesteckt als Erinnerung an meinen allerersten Hotelaufenthalt. Mensch ja, die wäre perfekt (obwohl ich sie ungern hergab). Vorsichtig habe ich das Glitzerpapier auf der Rückseite aufgepult. Nun die Flüssigkeit drüberträufeln. Zum Glück war das Fläschchen mit einer Pipette versehen. Wie viel sollte ich nehmen? Hmm, es stand nirgends was drauf. Vielleicht erst mal mit einem Tropfen beginnen und abwarten, wie es wirkt? Ach was, so viel Zeit hatte ich nicht. Viel hilft viel. Los, zack, fünf Tropfen. Nee, besser acht. Das meiste rann sowieso über die Schokolade ins Papier hinein. Deshalb habe ich die Praline schön wieder festgedrückt und anschließend demonstrativ auf eines der Kopfkissen gelegt. Wenn das nicht sofort Pits Begierde weckte, dann wüsste ich auch nicht.

Wie ich bereits sagte, in diese Teehäusern kehrt man ein, weil man müde ist vom Wandern. Oder weil man Hunger hat. Oder weil man sich waschen will und ausruhen möchte. Freizeitprogramm mit Barbesuch gibt es dort nicht, auch keine Lobby mit Fernseher. Also geht man nach dem Abendessen schnell aufs Zimmer. Man guckt sich dort vor dem Schlafengehen eventuell noch mal die Fotos an, die man unterwegs geknipst hat (Cora), man liest in einem Buch (Polly), man massiert seine Füße (Karlsson), man nörgelt, dass man erst gar nicht mitgekommen wäre, wenn man gewusst hätte, dass es nichts zum Einkaufen gibt (Fendy), oder man stürzt sich geradewegs auf das nette Betthupferl von der Reiseorganisation, die Praline auf dem Kopfkissen. Yeah! Aus dem Augenwinkel konnte ich beobachten, wie der Pit alles restlos aufgefuttert hat. Sogar die Innenseite des Papiers hat er abgeleckt, wahrscheinlich weil er dachte, ein bisschen was von der Füllung wäre rausgelaufen. Besser hätte es nicht sein können. Ich war total gespannt, wie der Pit nun auf die Medizin ansprang.

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück war noch alles wie gewohnt. Unser Sherpa packte die Sandwiches für die Rast unterwegs in die Tragetaschen und sattelte die Esel. Wir brachten unser Gepäck, damit es verstaut wurde. Wir Vögel nahmen wieder auf dem Rücken Platz und die Vierbeiner latschten hinterher, alles wie immer. Es blieb auch so bis zum Mittag. Ständig hielt ich den Pit im Auge, weil ich nichts verpassen wollte. Dafür hatte ich mich sogar rittlings hingesetzt, die Beine im Spagat.
„Was gafft du mir dauernd nach?“, hat der Pit sich beschwert.
Und die Fendy hat mich angeschnauzt, dass ich neben ihr nicht so rumhampeln soll.

Noch war es grün, aber man sieht, dass wir schon ordentlich an Höhe gewonnen hatten


Ich dachte schon, der Trank hätte versagt – bis ich plötzlich zu sehen meinte, wie Pits Muskeln an den Beinen dicker wurden. Oder war das nur Einbildung? Er selbst machte einen Buckel. Auf einmal rannte er los, mit wild rasenden Beinen an den Eseln vorbei nach vorn, machte dort einen Salto, stieß einen Schrei aus, der an einen heiseren Affen erinnerte, kehrte um und rannte an uns vorbei wieder nach hinten. Dort boxte er der verdutzte Polly an den Busen und kreischte fröhlich:
„Los komm, wir machen einen Wettlauf. Wer als erster im Base Camp ist.“
Zwei Dringe hatte er dabei übersehen: Wir waren noch längst nicht oben, nicht mal annähernd an einem Punkt, von wo aus man das Base Camp hätte erreichen können. Und zweitens lässt man so einen Quatsch in den Bergen, wenn man bereits hier unten beim Wandern merkt, wie die Luft dünner wird. 
 
Die Polly hat dem Pit mit Schmackes einmal die Pfote auf die Birne gehauen (für das Getatsche). Dann hat sie ihm erklärt, er habe sie nicht alle, er solle mal wieder runterkommen und Ruhe geben. Da war der Speedy Gonzales aber schon wieder nach vorne geprescht, war rechts am Wegesrand einen Baumstamm hochgeklettert (freihändig!), einige Male in großer Höhe von Ast zu Ast gesprungen wie ein Eichhörnchen, bevor er mit einem herzhaften „Jippiieeee“ direkt vor dem Karlsson auf dem Boden landete. Der hat einen Satz nach hinten gemacht und dabei um ein Haar die Polly, die hinter ihm ging, den Abhang runtergeschoben. Gerade noch mit rudernder Vorderpfote konnte sie das Gleichgewicht halten. Uns auf dem Eselsrücken stockte der Atem. Fendys verliebter Schmelz im Blick für den Pit war nun Ernüchterung gewichen.

Vorsichtshalber hat der Sherpa jetzt angehalten. Weiß Gott, breit genug für ein Sportfest war unser Trampelpfad wahrlich nicht. Nun guckten auch die Esel zu, wie sich der Pit da aufführte. Er tanzte noch immer wie ein Irrer um uns herum: nach vorn, nach hinten, mal mit „Holla!“, mal mit „Supermaaaan!“, aber immer rücksichtslos und riskant. Zwischendurch hämmerte er die Krallen in die Rinde mehrerer Bäume, zack-zack, als wäre es Styropor. Schmerzen schien es ihm nicht zu bereiten. Inzwischen hatte sich der Karlsson unter einem der Esel verkrochen. Dort blieb er still liegen und wartete, dass der Orkan an ihm vorüberzöge. Ja richtig, wie lange hielt wohl so eine Wirkung an? Allmählich wurde es nämlich lästig, weil wir Zeit vertrödelten. Nur kurz hatte ich mich weggedreht, und als ich wieder hinguckte, konnte ich den Pit nicht mehr sehen.
„Du lieber Himmel“, hat die Cora gerufen. „Der haut ab!“
 
Der Weg vor uns war leer, nichts zu sehen, nicht mal in der Ferne. Der wird doch wohl nicht den Wettlauf allein machen wollen, der Depp?
„Ich flieg mal hinterher!“
Coras Stimme klang besorgt.
„Warte, ich komm mit!“, habe ich gerufen.
Wir hoben ab. Zu spät für Pollys „Bleib hier, du Zwerg!“. Was die nun wieder hatte?! Ich bin ein vollwertiger Papagei, ich bin nützlich, ich habe Kondition, ich kann fliegen.

Wir blieben über dem Trampelpfad, vom rennenden Kater keine Spur. In dünner Luft einen Suchtrupp anzuführen, ist ganz schön anstrengend, das könnt ihr wohl glauben. Wie lange wir geflogen sind, weiß ich nicht mehr. Es erschien mir ewig. Und was wäre, wenn der Pit gar nicht den Trampelpfad genommen hätte, sondern querfeldein irgendwo im Gebüsch herumrannte? Dann flogen wir hier umsonst. Das war auch Coras Befürchtung. Aber egal: Wir mussten ihn finden. Durchgeknallt hin oder her, er ist doch unser Freund.

Mit lahmen Flügeln haben wir uns vorangeschoben. Es wurde immer schwerer. Irgendjemand japste ganz fürchterlich. Kann sein, dass ich das war. Dann plötzlich ein Aufschrei: Die Cora deutete mit dem Flügel nach unten. Dort auf der festgetretenen Erde, mitten auf dem Weg, lag ein kleiner Haufen Lappen. Ich musste zweimal hinschauen, dann sah ich es: Die Lappen waren leberwurstfarben geringelt und flauschig. Gott sei Dank. Wir landeten. Die Cora hat sogleich den Puls gefühlt.
„Er lebt“, hat sie verkündet.
Nun, dem Hecheln nach zu urteilen, mag das gestimmt haben, doch sonst war nicht mehr viel Aktivität im Pit vorhanden. Die Augen hielt er geschlossen und sagen tat er nichts. Nur als ich ihm ein bisschen auf dem Gesicht herumgelaufen bin, um seine Reflexe zu testen, hat er mit der Pfote nach mir geschlagen, so wie man eine Fliege verscheucht. Weil er aber so langsam war, habe ich rechtzeitig absteigen können.
 
„Wir bleiben am besten hier sitzen und warten auf die andern“, hat die Cora vorgeschlagen.
Ich hatte nichts dagegen einzuwenden, irgendwann würden die andern schon nachrücken. Während wir also am Wegesrand hockten und dem Pit beim Daliegen zuschauten, hat mir die Cora von daheim erzählt, wie schwierig es sei mit dem Paule und seinen Weibergeschichten, von ihren Sozialstunden im Duisburger Zoo und davon, dass Obstsalat an Aroma gewinnt, wenn man Walnüsse reinhobelt. In meinem Gehirn herrschte Smogalarm. Es wurde etwas besser, als ich auch mal was sagen konnte. Ich berichtete, dass mein Vater ein Ara war und dass wir in Peru mit einem Schneidergeschäft für Regenmäntel angefangen hatten.
„Du verarscht mich“, hat die Cora geschmollt. 
 
Es muss nachmittags gewesen sein, als wir endlich bekannte Geräusche vernahmen. Unsere Esel kamen angetrottet, oben drauf die Fendy, der Sherpa am Zügel und der Karlsson und die Polly hinterher.
„Da seid ihr ja endlich“, habe ich gerufen. „Mann, mir knurrt vielleicht der Magen.“
„Du bist ganz ruhig“, wurde ich vom Lockensepp angeredet.
Offenbar war er nicht gut auf mich zu sprechen. Dabei hatte ich doch gerade eben seinen schleswig-holsteinischen Essensbeschaffer gerettet. Aber ausgerechnet diesmal, bei seinem Ausraster, hatte der Pit seine Provianttüte am Esel vergessen. Die baumelte am Geschirr. Ich langte mir gleich einen Müsliriegel. Der Karlsson feuerte mir einen brennenden Blick zu.

Vorsichtig wurde der Pit aufgeladen, nachdem man ihm Trinkwasser eingeflößt hatte. Er war noch immer unfähig, auf eigenen Beinen zu stehen. Und selbst zum Sitzen fehlte ihm die Muskelkraft. Daher lag er schlapp und quer auf dem Eselsrücken wie ein ohnmächtiger Hase. So schaukelten wir weiter, bis wir unser Etappenziel, das nächste Teehaus, erreicht hatten. 

Die Sonnenuntergänge, die man vom Teehaus beobachten konnte, entschädigten für vieles

 
Der Sherpa-Mann trug den Pit in die Hütte und legte ihn aufs Bett. Die Polly blieb bei ihm, während die Cora und die Fendy versuchten, die Küche zu einem vorgezogenen Krankenmahl zu bewegen. Es gab eine Gemüsebrühe, Tee und Cracker zum Eintunken. Noch war der Pit zu schwach, um ans Essen zu denken – stellt euch das vor, so platt musste er sich gefühlt haben. Leises Stöhnen drang aus dem Kissen. Unterdessen hat mir der Karlsson mit einem kurzen Kopfnicken befohlen, mit nach draußen zu kommen. Er ist extra ein ganzes Stück vom Teehaus entfernt stehen geblieben, damit er ungestörter schreien konnte.
„Was hast du ihm gegeben?“, hat er mich verhört.
„Na, was du gesagt hast, den Trank.“
„Ich will wissen, was du dem armen Kerl verabreicht hast?“
„Das Zeug in der hellgrauen Flasche.“
„AHA! Dachte ich's doch! Du hast ihm meinen Fitnesstrank gegeben, du Erbsenhirn. Dazu noch völlig überdosiert.“
Echt? Ganz unmöglich. Der Karlsson hatte von der hellgrauen Flasche gesprochen, da gab es keinen Zweifel.
„Nein! Von der HELLBLAUEN, du Wurm.“
Oh! Aber habt ihr bemerkt? Er hat mich nicht „Piepsi“ genannt.
Ich musste versprechen, ihm das Fläschchen heute Nacht, wenn es dunkel wäre und keiner es mitkriegte, von meinem Rucksack zurück in seinen zu packen. Gern hätte ich noch gewusst, wozu die dritte Flasche gut sei, die er noch bei sich trug. Doch das habe ich mich nicht getraut. Wenn jemand hinterm Teehaus in Nepal das Brüllen kriegt, dann sollte man nicht weiter fragen. Ich gelobte, dem Pit künftig meinen Nachtisch abzutreten, falls wir auf dieser Reise jemals noch welchen erhalten sollten.
 
In der Nacht hat der Pit geschlafen wie ein Stein. Am nächsten Morgen hatte sich die Wirkung offenbar abgebaut. Er selbst wusste nicht mehr alles, was er sich geleistet hatte. Dass er den Karlsson zu Tode erschreckt und die Polly fast den Abhang runtergefegt hatte, war ihm entgangen. Wir beließen es dabei. Als Grund für seinen Ausraster vermutete die Fendy irgendwas Essbares, das umgeschlagen war.
„Überleg mal, was könnte dir nicht bekommen sein?“
Aber der Pit wollte nicht nachdenken, ihm taten die Muskeln weh. Ja klar, so wie er sich verausgabt hatte – jetzt rächte sich das. Der Kater hatte Muskelkater. Er humpelte. Daher wurde er zu uns auf den Eselsrücken gelegt. Ich betone an dieser Stelle ausdrücklich, dass es sich hierbei um einen unverzichtbaren Krankentransport handelte, keineswegs um simple Bequemlichkeit eines faulen Wanderers. Dies waren Pits eigene Worte. Weil er noch was gut hatte bei mir, versprach ich, dies in meinem Bericht zu berücksichtigen.

Inzwischen waren wir bereits etliche Tage unterwegs. Wir hatten uns schon ordentlich hinaufgeschraubt. Die Luft wurde dünner, das merkte man. Doch erst als wir die Geröllschicht erreichten, war auch der Pit wieder der Alte. Seine Muskeln standen nicht mehr dick heraus. Er konnte jetzt wieder laufen, sprechen, aufrecht sitzen, und das Futtern hatte er sowieso zwischenzeitlich von ganz allein wieder aufgenommen. Man merkte ihm seinen Ausfall nicht mehr an. Geschmeidig in den Hüften, mit der Pfote im Proviatbeutel, so trabte er wie früher hinter uns her. Niemand war mehr erleichtert darüber als ich.

Es wurde karg


Mit der Geröllschicht endetet die grünen Vegetation. Zwar liefen wir noch nicht in Schnee und Eis, aber außer nacktem Fels konnte dem Auge nichts Abwechslungsreiches mehr geboten werden. Dafür hatten wir nun allerdings sehr viel deutlicher die höchsten Gipfel des Himalayas vor der Nase. Einer hieß Lhotse, das weiß ich noch. Und natürlich war der Mount Everest dabei. Wir Vögel zogen die Steppwesten über. Es wurde frisch. Die Fendy rollte sich zusätzlich wollene Stulpen über die Beine. Sie waren Currygelb und hatten einen goldenen Glitzerfaden eingewebt. Aha, daher also der Drang, mir die roséfarbenen Sauerstoffflaschen zu überlassen, damit die goldenen für sie blieben, passend zum Outfit. Die Dinger schleppten wir übrigens noch immer mit uns herum. 
 
Es blieb karg
 
An Dörfern kamen wir so weit oben nicht mehr vorbei, nur vereinzelt an kleinen Klöstern. Da wir sie schon längst nicht mehr besichtigten, weil wir schon genug von ihnen gesehen hatten, war ich einigermaßen beruhigt, dass sich der Pit auch ohne Anti-Popel-Trank anständig benehmen würde. Hier oben im Gestein wurden auch die Unterkünfte einfacher. Oft waren es kleine Holzhütten, in denen keine richtigen Betten standen, sondern in die man sich mit dem Schlafsack legte. Küche und Dusche fand man in Zelten nebenan. Und selbstverständlich saß man nachmittags, nach des Tages Last und Müh, nicht mehr unter Lampions draußen auf der lauschigen Holzterrasse. Dafür war es viel zu ungemütlich. Die Fendy fasste es so zusammen:
„Müssen wir eigentlich den ganzen Weg wieder runterlaufen? Wir sind doch schon eine Woche unterwegs.“
Wir guckten uns an. Keiner wollte ihr die schlechte Nachricht bestätigen. Ehrlich gesagt, hatte ich auch allmählich die Schnauze voll. Den ganzen Tag latschen, frieren, schneebedeckte Gipfel begaffen und sich gruseln vor dem ganzen Kram retour.
„Du hast eben noch keine Ausdauer“, hat die Cora gemeint.
Der Pit hat mir eine Sardinendose geschenkt als Aufmunterung. Einzig die Polly fand die karge Landschaft und alles, was wir taten, noch immer ausgesprochen interessant. Der Karlsson brummte fröstelnd vor sich hin.
„Carpe diem“, hat er gesagt.
Ich wusste nicht, dass er holländisch spricht.

Und noch eine andere Neuerung hielt der nackte Fels parat: Plötzlich hieß es, die Esel hätten ihre Pflicht getan, sie würden nun umkehren. Für sie sei der weitere Weg zu gefährlich. Stattdessen wurde uns ein Ochse mit Zottelfrisur zugeführt. Der Sherpa sattelte um. Die Kerle heißen Yak (nicht Yeti, so wie ich gedacht hatte). Den Rausch der Geschwindigkeit kann man mit ihnen nicht gerade erleben, aber zum Transportieren im Hochgebirge sind sie gut. Ich musste mich erst umgewöhnen. Plötzlich das ganze Fell um die Beinen zu haben, das kitzelte anfangs ganz schön. 

Unser Zottelexpress

 

Je höher wir stiegen, desto näher kam das Eis. Nun zogen sich auch der Karlsson, die Polly und der Pit die Anzüge über. Alle trugen jetzt Sonnenbrillen. Das gleißende Licht schmerzte, auch wenn der blaue Himmel eigentlich Anlass zur Freude bot. Doch die Cora hatte Kopfweh und keinen Appetit. Sie wird doch wohl nicht höhenkrank werden? Abends in der Hütte hat der Pit ihr Suppe aus dem Kochzelt eingeflößt. Er machte das gut, wie ein professioneller Krankenpfleger, schließlich kennt er sich mit Essen aus wie kein anderer. Nur als er sich bei der Cora erkundigte, ob er ihr vielleicht ein Pöttchen Marmelade rein tun sollte für ein bisschen mehr Geschmack, hat sie erst eine bräunliche Farbe an den Gesichtsfedern gekriegt und dann vor die Tür gespuckt. Endlich konnten wir mal unsere Sauerstoffflaschen anwenden. Es wäre schade gewesen, sie unbenutzt wieder mit runterzunehmen. Unter der Maske erblühte die Cora schnell wieder zu neuem Leben. Dazu ein paar Aspirin und der Zwischenfall war Geschichte. Noch jemand Beschwerden? Da sich niemand meldete, nehme ich an, dass alle sich wohlfühlten.

Trotzdem waren wir froh, als wir endlich, endlich das Basislager erreichten, selbst die Polly. Sie fühlte sich inzwischen eingeengt vom Steppanzug. Darunter schwitze man ja so, hat sie gemeint. Ihr gehe die Vermummung langsam auf die Nerven und sie freue sich auf eine schöne Dusche und anschließend auf ihren wunderbaren Frotteeschlafanzug. Aber erst mal mussten wir eingewiesen werden. Das Basislager ist eine weitläufige Zeltstadt. Es unterschied sich von den Felsplateaus, die wir unterwegs passiert hatten, darin, dass es hier voll war. Hier kampierten alle, die weiter nach oben wollten. Viele Menschen liefen umher. Unser Sherpa baute unser Zelt auf. Es war rosa und klein, aber für uns reichte es. Unterdessen haben wir den Mount Everest bewundert, weil der Karlsson uns ermahnt hatte, wenn wir schon mal hier wären und all die Strapazen auf uns genommen hätten, dann wäre ein bisschen Ehrfurcht ja wohl nicht zu viel verlangt. Also starrten wir ergriffen den Fels hinauf. Wow! Der Mount Everest! Wir standen am Fuße des höchsten Berges der Welt.
„Da gucken!“
Unsere Köpfe flogen herum. Die Aufforderung kam vom Sherpa. Er zeigte hinter uns in die andere Richtung. Ach so. Wir drehten uns um. 
 
Ui, das ist er, der Mount Everest

 
Als das Zelt stand und wir unser Gepäck reingelegt hatten, sind die Mädels erst mal losgezogen. Die Polly wollte, wie gesagt, duschen und die Cora und die Fendy haben sich umgeschaut. Wahrscheinlich hoffte die Tussi noch immer, dass sich hier oben plötzlich ein Modegeschäft auftäte.  Geplant war jedenfalls, dass wir die Nacht hier verbrachten. Es sollte wohl eine Art Trostpflaster sein für jene, die nicht weiter nach oben durften. Das Reiseunternehmen wird schon gewusst haben, warum man es so eingerichtet hatte und nicht anders. Doch am Kuchen riechen, ihn aber nicht probieren dürfen, das war auch blöd. Ich weiß nicht mehr, von wem die Idee kam. Wir schauten uns an, der Karlsson, der Pit und ich, und alle drei auf einmal riefen wir:
„Los geht’s.“

In der Tat, die Gelegenheit war günstig, denn die Weiber waren beschäftigt. Für einen Männerausflug braucht es keine Spaßbremsen. Sauerstoffflaschen? Benötigten wir die? Ach was, wir wollten uns ja nur ein bisschen umschauen, ein bisschen Mount-Everest-Schnee genießen. Der Pit hat mich auf seinen Rücken steigen lassen. Weit brauchten wir nicht zu laufen, da standen wir bis zum Bauch im Schnee. Metallleitern lehnten an Abhängen oder lagen flach über Gletscherspalten. Bergsteiger hangelten sich voran, andere kamen ihnen entgegen. Sie waren auf dem Rückweg ins Lager. Man machte diese Ausflüge, um sich zu akklimatisieren, damit sich das Blut mit Sauerstoff anreicherte oder so ähnlich. Davon hatte der Max erzählt; im Vorbereitungsseminar war die Rede davon gewesen. Aber mir war das zu theoretisch. 

Sieht harmlos aus, ist aber gefährlich


„Nun macht mal hinne!“, habe ich dem Karlsson und dem Pit zugerufen.
Ging das nicht schneller? Schwerfällig wie Nilpferde durch den Schlamm wälzten sich die beiden durch den Schnee. Erfolgreich ging anders.
„Das ist ja wohl die Höhe!“, kam es hinter mir aus dem Keller gegrunzt.
Mit seinem weißen Fell sah man den Karlsson fast nicht mehr. Nicht dass er hier einfach abgluggerte. Mit einem guten Streudienst wäre das kein Problem.
„Du hältst jetzt die Klappe!“
Oho! Der Kater war sauer. Na schön, dann wollte ich den plumpen Bemühungen der beiden Laiensportler nicht länger im Weg stehen. Ich spreizte die Flügel und startete durch. Jetzt würde ich ihnen mal zeigen, was 'ne Harke ist. Fliegen ist noch immer die Königsdisziplin. 
 
Ich weiß noch, dass mich eine eisige Hand empfing. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Die Hand schlug einfach zu. Als ich aufwachte, war der Himmel rosa und lief merkwürdig spitz zu einem Dreieck zusammen. Von links kam ein Lichtstrahl. Mein Hintern war warm und eine Stimme, vermutlich von einem Hund, sprach:
„Gott sei Dank, er taut auf.“
 
Später habe ich verstanden, dass ich auf einer heißen Wärmflasche lag. Jemand hatte mich in meinen Schlafsack gezwängt. Vom Pit erfuhr ich, dass das nicht schwierig gewesen sei, weil man als gefrorener Körper automatisch die nötige Steife mit sich bringt. Der Karlsson hat neben mir gesessen und mich immer wieder mit der Pfote umgedreht, damit ich gleichmäßig taute. Er selbst war nass. Der Pit auch.
„Ihr müsst euch trocknen, sonst erkältet ihr euch“, habe ich gekrächzt.
Ich machte mir echt Sorgen um die beiden.
„Gleich.“
Erst noch kriegte ich Jagdwurst aus der Dose auf einen Kräcker geschmiert. Der Karlsson hat mich im Rücken angehoben und der Pit hat es mir bröckchenweise in den Schnabel getan. Heißer Tee kam aus der Thermosflasche. Danach muss ich weggeduselt sein. 
 
Als ich das zweite Mal erwachte, war es dunkel draußen. Im Zelt funzelte eine Taschenlampe. Der Pit und der Karlsson waren getrocknet und die drei Mädels lagen neben mir und schliefen. Offenbar hatten sie von unserm Ausflug nichts mitgekriegt. Zumindest muss ich das annehmen, weil keine von ihnen meckerte, nicht den Kopf schüttelte und sich auch nicht aufblies von wegen: Wie kann man nur? Sie hatten sich im Lager verquatscht und waren erst im Dunkeln zurückgekehrt. Das erzählten sie am nächsten Morgen. Engländer hätten sie eingeladen, ganz reizende Leute. Man habe Cola getrunken und Chips gegessen. Die Polly habe viele Komplimente erhalten für ihren modischen Frotteeschlafanzug. Was sollte man dazu sagen? Für ein Rendezvous auf über 5000 Metern am Rande der Todeszone war das … exzentrisch. Der Karlsson, der Pit und ich haben nie wieder ein Wort über unsern Ausflug verloren. Man muss auch mal was für sich behalten.
 
Das Base Camp mit der Zeltstadt im Rücken


Eigentlich waren wir am nächsten Morgen ziemlich schlecht drauf, denn wir wussten ja, was uns erwartete: der Abstieg. Keiner hatte Lust dazu. Alles noch mal sehen, was man schon kannte? - Nee! Umso erfreuter waren wir, als ein Typ von der Reiseagentur, der sich hartnäckig an unser Zelt herangearbeitet hatte, uns mitteilte, dass wir unsere Sachen packen sollten, der Hubschrauber lege in zwanzig Minuten ab.
„Wie … Hubschrauber?“, staunte nun auch die Polly.
Sie wäre am ehesten noch mit Freuden den Weg runtergelaufen, doch jetzt legte auch sie einen Zahn zu beim Verstauen ihres Buches, ihrer Touristenbroschüren und ihrer so erfolgreichen Nachtwäsche. Wir andern rafften ebenfalls, was wir in die Finger kriegten. Hier oben durfte man ja seinen Müll nicht zurücklassen.
„Mensch, das ist ja super! Wir fliegen zurück“, hat die Cora gejubelt.
„Schick, schick. Ich bin noch nie Hubschrauber geflogen“, hat die Fendy in die Flügel geklatscht.
Immerhin, das musste man dem Luke lassen: Diese noble Überraschung ist ihm gelungen. Das muss eine ordentliche Stange Geld gekostet haben.
„Die hat er.“
Darin war sich der Pit ganz sicher, so lakonisch, wie er es von sich gab.
Vom Karlsson kam stumme Bestätigung. Er nickte.

Noch ein Blick zurück?


Die Stimmung schlug augenblicklich in Frohsinn um. Alles lachte nun, grinste und schnatterte wild durcheinander. Gott sei Dank hat der Karlsson unsern Sherpa noch rechtzeitig auftreiben können. Er war losgezogen, um ihn zu suchen und ihm unsern Dank auszurichten. Gern hätten wir ihm ein schönes Trinkgeld gegeben, doch keiner von uns war im Besitz von Bargeld. Ich hoffe, der Luke hatte daran gedacht. Vom Yak haben wir uns nicht verabschiedet, schließlich kannten wir uns noch nicht so lange.
 
Der Hubschrauber ließ schon die Rotoren brummen, als endlich der Karlsson angerannt kam.
„Los, Beeilung!“, hat die Fendy gedrängelt.
Wir nahmen Platz. Diesmal flogen wir ganz ohne fremde Passagiere, nur wir allein. Der Pilot ließ einen Schlenker ausführen und steuerte den Hubschrauber dann durch die Felswände hindurch, erst geradeaus, später abwärts. Aus dem Fenster konnte ich sehen, wie die bunte Zeltstadt auf ihrem Plateau immer kleiner wurde. Die Cora schoss die letzten Fotos. Ich empfand keine Wehmut. Irgendwie sind diese hohen Gipfel im Himalaya sehr eigen, geradezu abweisend, so als würden sie sagen: „Lasst mich in Ruhe.“ Das nächste Mal täte ich eine Reise an einen bekannten Badestrand vorziehen, Hotelanlage mit Pool, Büfett und Bar.
 
„Findest du nicht auch, Karlsson?“, habe ich unter den Sitz gefragt.
Dort lag er nämlich, damit er nicht in die Tiefe schauen musste. Es kam aber nur ein undeutliches „Hmpf“ zurück. Stattdessen hat die Polly geantwortet:
„Also, ich käme gern noch mal her. Wenn nur nicht diese dämlichen Schneeanzüge wären.“
Und was meinte der Pit dazu? Och, er habe keinerlei schlechte Erinnerung, hat er mitgeteilt. Alles sei doch geradezu vorbildlich gelaufen, nicht wahr? Niemand sagte ein Wort. Wir schauten nach vorn oder zur Seite und genossen, dass das erste Grün an den Hängen wieder sichtbar wurde.
 
In Lukla wurden wir rausgesetzt. Puh, erst mal runter mit den Steppwesten, den Anzügen, den Mützen und den Stulpen. Hier unten empfingen uns milde, sonnige Temperaturen. Dafür mussten aber die Masken wieder ins Gesicht. Wenig später startete die übliche Sportmaschine nach Kathmandu. Etliche andere Wandertouristen, frisch aussehend oder nicht, waren ebenfalls wieder dabei. Mancher hatte wohl den Gipfel des Mount Everests erklommen, davon war auszugehen. Sollten wir neidisch sein? Nö! Denn keiner von ihnen hat einen exklusiven Hubschrauberflug nach unten spendiert bekommen, nur wir! Alle haben sie zu Fuß runterlaufen müssen. Wenn man länger darüber nachdachte: ganz schön blöd. Jetzt ging übrigens auch die Rechnung auf, die uns zwischenzeitlich Kopfzerbrechen bereitet hatte. Mit 11 Tagen hochwandern waren wir exakt in der Zeit geblieben. Durch den Rückflug hatten wir die Tage eingespart, die wir für den Abstieg angenommen hatten. Nun mussten wir uns nur noch auf die Heimreise vorbereiten.
 
Die Landebahn in Lukla

 

Wir nächtigten wieder in unserm bekannten Hotel in Kathmandu. Der Fendy zuliebe sind wir abends noch in eine kleine Shopping Mall gegangen, deren Adresse man uns im Hotel verraten hatte. Die Kleine hätte doch sonst posttraumatische Beschwerden gekriegt, wenn sie nirgends hätte einkaufen dürfen. Ins Gedrängel im engen Marktviertel wollten wir nicht mehr zurück. In der Mall ging es entspannter zu. Die Fendy hat sich zwei bunte Halsketten und einen Fächer (aus der Puppenabteilung) gekauft. Die Cora fungierte als engagierte Beraterin, wies auf Farben und Verarbeitung hin, wir andern dackelten hinterher. Als wir an der Teppichabteilung vorbeikamen, entwickelte sich kurzzeitig eine Diskussion, ob wir dem Luke zum Dank eine bunte Fußmatte mit der Aufschrift „Herzlich Willkommen“ (natürlich auf Nepali) mitbringen sollten. Die könnte er sich ja vor seine Firmentür legen. Weil jedoch keiner wusste, wie die Zollbestimmungen ausfielen, haben wir stattdessen einen schicken Rückenkratzer aus Holz und eine Fliegenklatsche in den Nationalfarben (für seinen Utensilienkoffer) gekauft. In Coras Rucksack war noch Platz dafür, seit sie im Hotel ihre leeren Sauerstofflaschen endlich hatte in den Müll werfen können. Wir andern trugen unsere noch immer mit uns herum.

Beim Abendessen (Steak!) hat mir der Karlsson zugeflüstert, dass ich mir heute Nacht endgültig das Fläschchen mit dem Anti-Popel-Trank aus seinem Rucksack nehmen sollte. Er wolle nichts mehr damit zu tun haben, jetzt da die Reise zu Ende ging.
„Hellblau, du Wurm, hörst du?“
Und keinen Quatsch solle ich damit anstellen, hat er hinzugefügt. Wofür hielt er mich, der Angeber? Was es mit der dritten Flasche auf sich hatte, weiß ich bis heute nicht. Leider.

Da wir nun keine Fitness mehr vorweisen mussten und das Hotel über eine Bar verfügte, haben sich die Cora und die Fendy die halbe Nacht durch die Cocktails gesoffen. Schwankend und bestens gelaunt kamen sie zu später Stunde ins Zimmer gewankt. Als sie das Licht anmachten und kichernd gegen den Papierkorb schepperten, drohte die Polly, wenn sie nicht gleich Ruhe gäben, könnten sie gern die restliche Nacht im Bad verbringen. Das wirkte.

Nach wunderbar erquickendem Schlaf auf der Stuhllehne beziehungsweise im weichen Bett auf weißem Laken sind wir am nächsten Morgen in den Flieger zurück nach Hamburg gestiegen. Die beiden Schnapslerchen hatten Alka Selzer zum Frühstück getrunken. Der Zwischenhalt war wieder in Dubai. Diesmal kannten wir schon den Blick auf den Strand, das blaue Meer und auf die Stadt mit dem hohen Wolkenkratzer. Trotzdem haben die Cora, die Fendy und ich wieder heimlich aus dem Fenster geschaut. Marmeladenpöttchen wurden jetzt vom Pit zwar nicht eingesammelt, dafür aber Zuckertütchen. Er wunderte sich, warum ich ihm freiwillig meinen Apfelkuchen rüberschob. Die Polly hat den Kopf geschüttelt, aber ich glaube, sie meinte nicht mich, sondern die Tütchensammlung. Als Film kriegten wir einen James Bond gezeigt. Es war der mit dem Geturne auf der Gondel zum Zuckerhut. Diesmal steckte der Schädel vom Karlsson mit im Kopfhörer, damit ich ihn nutzen konnte. Sehr nett vom Lockenheini. Er hat mich während des gesamten Fluges nicht einmal „Piepsi“ genannt. Aber von Rio hat er erzählt, dass er dort schon mal war und im Karneval getanzt hat. Diese intime Beichte hat uns ein Stück näher gebracht.

Als wir in Hamburg aus dem Zollbereich kamen (die Fliegenklatsche und der Rückenkratzer waren nicht beanstandet worden, aber unsere Sauerstoffflaschen hatten Misstrauen erregt), wartete schon das wohlbekannte Duo aus grauer Majestät und Palastwache hinter der Absperrung auf uns. Immerhin, sie waren wie versprochen zum Empfang erschienen.

„Na, wie war's?“, hat der Luke einigermaßen neugierig gefragt.
Der Jack musterte uns, als müsste er Geheimagenten aufdecken.
„Phantastisch!“, hat die Polly gerufen. „Einmalig, die Landschaft!“
Ich war froh, dass damit jede weitere Einzelheit zusammengefasst war. Mehr musste der Kerl auch nicht wissen.
„Na, dann ist ja gut“, hieß es daraufhin.
 
Nachdem wir unser Dankgeschenk aus Coras Rucksack übergeben hatten (da hat der Luke aber Augen gemacht!), gingen wir zur Verabschiedung über. Der Karlsson, die Polly und natürlich der Pit wurden vom Luke und vom Jack mitgenommen. Die Fendy und ich nahmen wieder die Cora mit in Richtung Hannover. Das allgemeine „Tschüs dann, bis demnächst“ ging im Gebrabbel unter. Ich glaube aber doch, dass sich jeder angesprochen fühlen konnte. So trennten wir uns. Im Zug wurde sofort ausgiebig über Lippenstift, Frisuren und über lila glitzerndes Washi Tape geschnattert. Der Wahnsinn, was in Weibergehirnen vor sich geht, sobald die Erinnerungen an erlittene Strapazen abgestreift waren. Ich atmete auf, als ich endlich aussteigen durfte. Die Cora fuhr weiter nach Duisburg.
„Komm mich bald wieder besuchen!“, hat die Fendy ihr zugerufen.
Gott bewahre! Es war schlimm genug, dass die Fendy augenblicklich zu Hause wieder ihre Notenblätter herausholte und zu trällern begann, kaum hatten wir das Gepäck abgestellt. Ich brauche jetzt Ruhe, mindestens ein Jahr lang.
 
Fotos: Cora: © G. H.
          Pit, Luke, Jack: Club der glücklichen Vierbeiner
          Karlsson, Polly: Terrierhausen 
 
          Yak, Mount Everest, Schnee, Base Camp 1, Base Camp 2, Lukla: Pixabay
 
© Boff

Kommentare

  1. Hallo Boff-Piepsi-Papagei, Respekt, deine erste Reportage ist gut gelungen. Als Chronist hast du schonungslos berichtet, und so muss es sein. Das mit dem Flaschenverwechseln, nun ja, was soll ich sagen, du bist genauso bekloppt im Kopp wie wir anderen auch. Willkommen im Club, wir können Freunde werden. Und unter Freunden darf man sich gegenseitig (je nach Laune) auch mal Piepsi oder Lockenpudel nennen. Herzliche Grüße von Karl Sonne!

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    1. Hallo, Sonnencarlos,
      freut mich, dass du dich nicht über meinen Bericht beschwerst. Heißt das, ich habe meine Feuertaufe bestanden? Ich bin gegen "Piepsi", weil es nicht meiner Persönlichkeit entspricht und eine infame Differenzierung ist. Wo fahren wir nächstes Mal hin? Und wie kommen wir an die Kohle? Ich bin jetzt ganz wild aufs Verreisen. Ihr habt mich auf den Geschmack gebracht. Mit euch kann man echt Spaß haben.

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    2. Ich denke mit Piepsi hast Du es noch gut getroffen...wer Faxen macht, wenn der Meister spricht, der hat nichts anderes verdient. Nicht auszudenken wenn der Meister das gesehen hätte.
      Jack

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  2. Ich hatte mich ja schon fast daran gewöhnt, dass ich iwen tragen muss. Diesmal hatten wir Lasttiere, ich war angenehm überrascht. Nebenbei wurde aber auch erprobt, dass der Zaubertrank wirklich wirkt, gut zu wissen.

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    1. Naaa, das mit deinem Doppelkorn war ja nicht wirklich ein Erfolg. Stell dir vor, die Fendy nimmt das Zeug. Die kauft dann in drei Sekunden ganz Walando leer. Horror.

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  3. Karlsson es hast Du die Esel gelassen? Für die war doch die 3. Zaubertrankflasche. Von wegen radikaler Tierbefreiung. Hast Du sie mit auf Dein Gut genommen?
    Pit

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  4. Also - wir hatten Zaubertrank für Kraft und den Anti-Popel-Trank und ein Aphrodisiakum. Wer hat jetzt eigentlich was getrunken? Vielleicht sollte ich es mal mit Etiketten probieren, ziemlich alter, guter Trick. @Boff, wenn du nicht weißt, worum es geht, frag Fendy nach L'elisir d'amore, das ist nämlich eine Opera Boffa, haha.

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    1. Aha, dafür war also die dritte Flasche da. Die Fendy sagt, bei dem französischen Elli-Zeugs, von dem der Karlsson redet, handele es sich um einen Liebestrank. Der macht die Leute dämlich im Kopf und lässt sie kindische Dinge tun. Bei der Boffa-Oper wird das besungen. Die Fendy guckt sich das immer auf der Tube an. Manchmal singt sie das nach. Für mich stellt sich nun die Frage: Warum hat der Karlsson das Zeugs mitgeschleppt? Und für welche Gelegenheit war es gedacht? Am Himalaya? Ich muss doch schwer annehmen, dass es es selbst verwenden wollte, sonst hätte er ja nicht so ein Geheimnis daraus gemacht. Ist der Lockenhund vielleicht einsam? Sucht er auf diese Weise nach intimen Anschluss? An wen? Fragen über Fragen. Vielleicht hat der Pit recht, wenn er die Esel ins Spiel bringt. Oder sollte es gar ein Yak sein, unwissend in die Liebesfalle gelockt und nur nicht in die Tat umgesetzt, weil es am Ende doch an dem letzten Quentchen Sympathie fehlte? Die Zotteln vom Yak und die Locken vom Karlsson würden jedenfalls schon mal gut zusammenpassen. Es täte mir sehr leid, wenn ich durch den Flaschentausch unbeabsichtigt ein zartes Pflänzchen der amourösen Zukunft zertreten hätte. Das würde ich mir nie verzeichen.

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  5. Das Fläschchen hatte ich tatsächlich versehentlich eingepackt. Natürlich braucht man einen Liebestrank am Himalaya NICHT. Außer man wollte die Fendy mit einem Himalaya-Bussard verheiraten - aber nein, das wollten wir nicht.
    Ich war ja ganz froh, dass es auch mal Fleisch zu essen gab.
    Für heute herzliche Grüße von Karl Sonne, Gutsherr

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    1. Ach so ist das. Ja, das kann passieren. Ich packe mir auch dauernd irgendwelche Flaschen in den Einkaufsbeutel und denke dann: Warum schleppst du sie mit? Immerhin bist du nicht liebesbedürftig, und das macht das Verreisen sehr viel angenehmer. Das mit den Fleischmahlzeiten sollte hinzukriegen sein. Immer Hälfte/Hälfte. Ich als gebürtiger Vegetarier kriege sonst Griebenschmalz. Aber jetzt schon eine Plautze, wo ich noch nicht mal ein Jahr alt bin? Nä!

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  6. Hälfte / Hälfte ist ein guter Plan, geht genau auf, die Hunde und die Katze bekommen Fleisch (Fisch geht auch, manchmal) und die Vögel essen vegetarisch.
    Schön, dass wir den höchsten Berg der Welt immerhin gesehen haben. Ein Aufstieg wäre auch sehr hart gewesen.
    Gruß von Karlsson - Polly lässt grüßen, auch sie legt Wert auf ordentliches Essen.

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    1. Mit Häfte/Häfte dachte ich eigentlich, dass wir alle gemeinsam einmal Hamburger essen und alle gemeinsam einmal Salat. Das wäre tolerant und solidarisch. Ich zumindest hätte kein Problem damit, weil ich - euch kann ich's ja verraten - kein absolut reiner Vegetarier bin. Die Fendy und ich kriegen jedes Wochenende - kommt man näher ran - getrocknete Mehlwürmer in den Napf. Jawohl! Und wenn jetzt einer angewidert aufschreit: Die sind lecker! Wie geröstete Shrimps. Eine Delikatesse, außerdem gut für den Proteinhaushalt.

      Auf den Mount Everest wäre ich sehr gern gestiegen, aber du und der Pit, ihr habt ja unterwegs schlapp gemacht. Und einmal die Sauerstoffflaschen halb um die Welt zu schleppen und sie unbenutzt wieder mit nach Hause zu nehmen (außer Coras), das ist ziemlich bescheuert. Das kann man nicht anders ausdrücken. Wir haben unsere wieder auseinandergebaut. Die Fendy benutzt sie nun als Duschgelspender. Das Feintuning klappt noch nicht so gut. Meistens kriegt sie die volle Ladung ab und sieht dann aus wie ein schmelzender Schneemann. Ha ha ha.

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  7. Dass du das mit Hälfte / Hälfte anders gemeint hast, war mir schon klar. Aber so wie ich (Gutsherr) es sage, sollte es gemacht werden, ab jetzt - bei allen Reisen, da spreche ich auch für Polly und Pit.
    Über deine getrockneten Mehlwürmer darf ich schmunzeln. Unser Papa unterhält auf dem Anwesen ganz viele Futterstationen für Vögel. Und da gibt es u.a. - genau. Wenn deine Putze die getrockneten Mehlwürmer zu streng rationiert, komm mal zu Besuch. Ich finde die auch ganz ok, wenn mal welche runtergefallen sind und im Rasen rumliegen, essen Polly und ich die auch.
    Über den Frühling freue ich mich, man kann schon auf dem Rasen in der Sonne liegen, das mag ich. Sonnengebadete Grüße von Karl Sonne

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    1. Der Max hat gesagt, das mit dem Essen auf Reisen bestimmt immer derjenige, der bezahlt. Also reicht es nicht, Gutsherr zu sein. Und der Pit futtert sowieso alles. Der ist also kein Maßstab. Du siehst, mein lieber Charles de Soleil, du musst noch eine Schippe drauf tun.

      Immerhin: Dein Papa weiß, was sich gehört. Futterstationen an sich sind schon nobel, aber dann noch mit getrockneten Mehlwürmern bestückt - ich bin beeindruckt. Im Moment können die Fendy und ich uns nicht über die Rationen beklagen. Es gibt ja nebenbei noch Kolbenhirse oder Hanfkörner - alles Sachen, die der Putze neu sind, weil Amazonen "solches Popelzeug" nicht fressen. Da muss sich die Putze ganz schön umstellen. Aber falls mal Mangel eintreten sollte, komme ich gern auf dein Angebot zurück. Vielen Dank.

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  8. Schippe drauf tun, ok, man zahlt einen Aufpreis und bekommt 5 statt 4 Sterne. Also doch Papas Kreditkarte mopsen. Und wenn es auf Reisen eng wird, rufe ich laut: "Kellner, lieber Hirsch mit Bordeaux als Gurken mit Wasser!" So könnte es klappen.

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    1. Papas Kreditkarte mopsen ist eine gute Idee. Ich habe schließlich noch nie Strandurlaub gemacht.

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  9. Wiekönnte es anders sein, ich stehe voll und ganz hinter dem Karlsson. An einem Salatblatt knabbern, dass ist nichts für richtige Männer.
    Meine Mama war neulich mit mir beim Tierarzt. Sie meinte, ich wäre ein bisschen zu dünn geworden. Naja, ich werde dieses Jahr 15 Jahre alt und dass ist für Katzen schon ein hohes Alter.
    Zuerst habe ich dem das richtig gegeben. Der hat mir ins Maul geguckt, was fällt dem Kerl ein. Ich habe so geknurrt und gefaucht, der hatte ordentlich Respekt vor mir.
    Aber dann meinte er, ich würde für mein Alter noch richtig gut aussehen und voll muskulös sein. Aber ich könnte gerne ein bisschen mehr auf den Rippen haben.
    Danach war ich ihm nicht mehr so böse und es hatte auch was gutes. Seitdem bekomme ich jetzt immer eine leckere Mittagsportion bestehend aus Forelle, Makrele, Lachs etc.
    Liebe Grüße
    Pit

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    1. Was, Pit, du bist schon 14? Da kriege ich aber jetzt das Staunen. Ich hätte gedacht, du wärst erst ... ach ... höch-stens! Gratulation zur gesunden Konstitution und das Fischzeugs am Mittag. Aus der Sicht einer Katze hört sich das bestimmt sehr lecker an. Was ich aber nicht verstehe, ist, wie man so dünn sein kann, wenn man den ganzen Tag von Mettwürsten abbeißt und sich Müsliriegel aus der Provianttüte reinzieht. Falls ein Trick dahintersteckt, hätte ich ihn gern gewusst. Den würde ich der Putze zum Geburtstag schenken. Die würde sich darüber sehr freuen.

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    2. Danke für deine wohlgesetzten Worte, Freund Pit. Wir halten zusammen!! Bei der Tierärztin kooperiere ich übrigens, alle 4 Wochen bekomme ich eine Spritze, dir mir wirklich hilft und Kekse.

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  10. Hallo Boff,

    irgendwie habe ich das Gefühl, du hast nicht gerade das beste Bild von Frauen. Es gibt durchaus welche, die keinen Kleiderschrank haben, der überquillt, keinen Tuschkasten zur Verschönerung des Ichs brauchen und nicht andauernd shoppen gehen müssen, sondern abenteuerlustig und mutig sind und auch mal die Klappe halten können. Glaubst du nicht? Ich kann es dir gerne beweisen. Nimm mich einfach mit auf deine nächste Reise. Wenn's sein muss, mache ich auch vorher eine Aufnahmeprüfung, einen Sporttest oder - ganz modern - ein Assessmentcenter, um dich von meinen Qualitäten zu überzeugen.

    Falls du noch mehr Informationen brauchst, z. B. zu meinen Fähigkeiten oder Essensgewohnheiten, melde dich einfach.

    Viele Grüße aus Celle
    Luna

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    1. Moin Luna, wer bist du denn? Stute, Giraffin, Kätzin, Quallin? Wie wäre es mit einem Foto. Interessierte Grüße vom Karlsson

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    2. Moin Karlsson,

      eigentlich habe ich extra vorhin noch einen Foto machen lassen, aber bislang funktioniert die Anzeige nicht. Ich tüftele noch, woran es liegt. Mit deinen Vorschlägen liegst du ziemlich weit daneben. Hier ein paar Tipps: Ich kann sehr gut hören und riechen, Haken schlagen, Höhlen und Gänge graben und Alarm mit den Hinterpfoten schlagen. Na, hast du eine Idee?

      Beste Grüße von Luna

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    3. Hallo, Luna,
      ich finde Frauen, die die Klappe halten, einfach wunderbar. Daran siehst du, dass mein Bild vom weiblichen Geschlecht nur das beste ist. Ich weiß gar nicht, wie der Eindruck entstehen konnte, dass es anders wäre. Das macht mich traurig.

      Aber nun zu dir. Du kommst aus Celle und willst mal mitfahren? Da muss ich direkt mal die Fendy fragen, ob sie dich kennt. Sie kommt ja auch aus Celle. Mutig und abenteuerlustig sind schon mal gute Eigenschaften, Kohle wäre aber besser. Reisen ist teuer. Was kannst du diesbezüglich bieten?

      Einen Sporttest oder ein Assistentencenter wirst du nicht bestreiten müssen. Da kann ich dich schon mal beruhigen. Wir haben auch andere Krücken dabei. Keiner von uns ist vollkommen. Hauptsache, wir können uns auf einander verlassen und haben Spaß miteinander.

      Ja, was futterst du denn so? Zähl mal auf.

      Boff

      P.S. Wenn du gerade erst einen Account eröffnet hast, kann es ein paar Stunden dauern, bis dein Foto sichtbar wird. Einfach abwarten. Das ist ganz normal.

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    4. Hallo Boff,

      kein Aufnahmetest? So einfach hatte ich mir das nicht vorgestellt. Ich habe erstmal gleich ein paar Luftsprünge gemacht. Wow - ich bin gespannt, wo es hingeht.

      Ich wollte dich übrigens auf keinen Fall traurig machen. Das tut mir leid! Eigentlich hast du aber bei mir den Eindruck erweckt, du würdest Kritik und flotte Sprüche leicht wegstecken. Naja, vielleicht kennen wir uns nur noch nicht gut genug.

      Mit der Kohle ist das so eine Sache. Ehrlich gesagt würde ich meine finanziellen Verhältnisse hier nicht so offen legen wollen. Man weiß ja nie, wer alles mitliest. Ich werde euch auf jeden Fall nicht auf der Tasche liegen, sondern kann gut für mich selbst sorgen. Ein Zuschuss für die Reisekasse ist sicher auch drin. Und - nur um keine falschen Hoffnungen zu wecken - ich lebe in einer festen Partnerschaft. Aber du hast schließlich auch deine Fendy.

      Was ich so futtere? Ich bin wie du Vegetarier. Grünzeug ist einfach lecker. Salat, Gurke, Möhre, Sonnenblumenkerne, Löwenzahn, Apfelzweige, Kohl, usw.. Ich bin da nicht wählerisch, aber am liebsten mag ich Topinambur, das bei uns im Garten wächst. Für die Reise würde ich auf jeden Fall auch Heu einpacken. Das verdirbt nicht so schnell.

      Bis dann
      Luna

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    5. Heu? Du futterst Heu? Ach, du liebe Güte! Du bist 'n Pferd.

      Nicht, dass ich was gegen Pferde hätte (ich kenne schließlich die vier von Pits Haushalt), aber ... hm, hm ... die passen so schlecht mit dem Hintern in den Sitz vom Flieger. Positiv hingegen ist, dass du finanziell unabhängig bist. Ich mag moderne Frauen. Und in einer festen Beziehung zu sein, das kann auch nicht schaden. Gebundene Frauen sind meistens gut in hausfraulichen Angelegenheiten. Auf Reisen könnte das gelegentlich gebraucht werden.

      Na, dann bin ich mal auf dein Foto gespannt.

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    6. Luna ist doch kein Pferd, bestimmt ist Luna ein Kaninchen. Ich mag Kaninchen, wir haben welche auf der Koppel bei uns und die fühlen sich so richtig wohl bei uns.
      Herzlich Willkommen Luna, Du hast hier ne nette Truppe erwischt. Vielleicht sind wir alle ein bisschen verrückt, aber absolut liebenswert.
      Und Piepsi....dass ich so schlank bin, liegt daran, dass ich so viel Sport mache.
      Gruß Pit

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    7. Als höhlengrabendes Pferd wäre ich bestimmt mega berühmt. Das würden sich sicher für die Reise leicht Sponsoren finden lassen.
      Ne, ne - ich bin viel kleiner und passe super gut auf den Sitz im Flieger. Ich weiß zwar nicht, ob es erlaubt ist, aber wir könnten uns sicher einen Platz zu dritt teilen.

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    8. Boah, jetzt nennt mich auch noch die Napfsülze "Piepsi". Lass das sein, Pit! Ein für alle Mal: Ich bin ein richtiger Kerl, kein fiedelndes Jüngelchen.

      Gut, Kaninchen ist okay. Die können schnell laufen und brauchen keinen Grillteller. Alle einverstanden? Die Luna kommt nächstes Mal mit. Die Feinheiten klären wir später.

      Aber eins muss ich vorher noch loswerden, um Missverständnisse zu verhindern: Ich bin nicht mit der Fendy liiert. Gott bewahre! Ich bin Junggeselle. Wir wohnen nur zusammen, mehr nicht. Und ihr könnt mir glauben: Selbst das reicht schon.

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    9. Pit scheint mir echt was drauf zu haben. Der hat gleich erkannt, dass ich ein Kaninchen bin. Ich freu mich schon auf unsere gemeinsame Tour. Was habt ihr euch überhaupt als Reiseziel ausgeguckt?

      Wenn es geht, bitte keine lange Anreise mit dem Schiff - da werde ich sonst bestimmt seekrank. Flugzeug, Auto, Motorrad, Heißluftballon, Gleitschirm, Fahrrad oder Zug gehen aber als Fortbewegungsmittel. Am liebsten was Schnelles, damit nicht schon für die Anreise so viel Zeit drauf geht. Ich weiß nicht, wie lange es mein Erik ohne mich aushält. Der liegt mir eh schon die ganze Zeit in den Ohren, ich solle lieber zu Hause bleiben, die Welt sei schließlich voller Gefahren.

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    10. Willkommen im Club, Luna. Wenn du seekrank bist, haben wir mit Höhenangst und Flugkrankheit schon drei Invaliden im Team. Aber du hast Glück, eine Kreuzfahrt machen wir nur höchst selten. Auch diesmal werden wir einen Flieger nehmen. Wir empfehlen dringend, das Smartphone zu Hause zu lassen, damit unsere Leute uns nicht dauernd hinterherschnüffeln. Nicht jedes Frauchen und jedes Herrchen kann nämlich gut loslassen. Wie sieht es damit bei dir aus? Zumindest scheint dein Erik ein wenig ängstlich zu sein. Gefahren - Papperlapapp. Daheim kann einem ebenso gut ein Ast auf den Kopf fallen, da ist es egal, ob der Baum in Deutschland, in Italien, Mexiko oder in Pakistan steht. Doch wenn man verreist, hat man zumindest mehr Spaß im Leben. Kannst du deinem Erik nicht erlauben, seine Kumpels einzuladen, solange du verreist bist? Da könnten sich die Rammler mal ungestört über wichtige Dinge unterhalten (über Frauen zum Beispiel) oder ein ordentliches Bier zischen, ein paar Paprikascheiben auf den Grill legen und dazu bis nach Mitternacht Fußball gucken. Du wirst sehen, das wird ihn so begeistern, dass er gar nicht merken wird, wie lange du wegbleibst.

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  11. Eine Kaninchinnenin (mein Papa sagt, ich soll endlich korrekt schendern), so eine Mitreisende hatten wir noch nicht, willkommen. Auf dem Foto habe ich gesehen, dass du superschnelle Rallyestreifen trägst, Donnerwetter. Woher kennst du unsere ehrenwerte Reisegesellschaft? Hast du eine Empfehlung? Grüße vom Karlsson

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  12. Eine Empfehlung, hmmm ich glaube, so kann man es nicht nennen. Genaugenommen haben es die Spatzen, die bei uns unter dem Dach wohnen, erzählt. Die kommen ja weit rum und schwatzen auch mal mit anderen Piepmätzen oder uns Vierbeinern. Irgendwie ist Celle doch ein Dorf und so habe ich erfahren, dass die Fendy umgezogen ist und nun in einer Wohngemeinschaft mit einem angehenden Weltenbummler in Hannover lebt. Das hat mich neugierig gemacht und die Spatzen waren nach Bestechung mit ein paar Sonnenblumenkernen bereit, weitere Informationen rauszurücken, sodass ich schließlich hierher gefunden habe. Was ich über eure Reise gelesen habe, hat mir so gut gefallen, dass ich dachte: Ich muss einfach versuchen, Teil dieser außergewöhnlichen Reisegesellschaft zu werden.

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    1. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, soso, wo bleibt da bloß der Datenschutz?! Ich möchte mal ein Wettrennen zwischen dir und Polly sehen. Irish Terrier können sehr schnell rennen UND Haken schlagen. Wir Männer werden bei diesem sportlichen Großereignis natürlich hoch wetten und Hochprozentiges konsumieren. Hehooo, Grüße vom Karlsson

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    2. Au ja! Das ist eine prima Idee. Ich mag es, wenn Frauen die Beine in die Hand nehmen.

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